Angebot unter Null. Ergebnis Null?

■ Metallkonflikt: Waigel appelliert an das Gute im Menschen und wünscht sich "Aktion Gemeinwohl" / IG Metall: Wir sind die falsche Adresse / Arbeitgeber: Wir sind "zum Äußersten entschlossen

Berlin (taz/dpa) – Erst kündigen die Arbeitgeber die Metalltarifverträge, jetzt versucht Bundesfinanzminister Theo Waigel wieder gut Wetter zu machen. Er forderte eine nicht näher definierte „Aktion Gemeinwohl“ zwischen Tarifpartner und Politik, wie es sie nach dem Kriege gegeben habe. Waigel warnte die IG Metall vor Streiks. Wer jetzt Arbeitskämpfe anzettele, nehme mutwillig Hunderttausende Arbeitslose zusätzlich in Kauf, spekulierte warnend der Finanzminister.

Die Gewerkschaft sei die „falsche Adresse“ für solche Warnungen, konterte IG-Metall-Chef Zwickel. Die Arbeitgeber trügen mit ihrer Vertragskündigung die Schuld, falls es zu Streiks im kommenden Frühjahr käme. Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Walter Riester, hatte schon von einem bevorstehenden „großen Arbeitskampf“ gesprochen. Gesamtmetall-Präsident Hans Joachim Gottschol betonte, daß es vielen Unternehmern so schlecht gehe, daß sie „zum Äußersten“ bereit seien.

Während die Tarifpartner in ihren Erklärungen aufrüsten, wird hinter den Kulissen schon über mögliche tatsächliche Forderungen und Angebote gerätselt. Die IG Metall befürchtet ein „Minus- Angebot“ der Arbeitgeber, das reale Minderungen bei Einkommen und Urlaub beinhaltet. „Wer auf Null kommen will, muß beim Angebot erstmal unter Null anfangen“, kommentierte dagegen ein Arbeitgebersprecher. Über Angebote, die Verschlechterungen beinhalten, will die IG Metall aber grundsätzlich nicht verhandeln.

Einzige Basis ist derzeit die Gesprächsbereitschaft der Arbeitgeber über ein sogenanntes Moratorium gegen Beschäftigungsabbau, daß IG-Metall-Chef Klaus Zwickel vorgeschlagen hat. Dazu gehört die Vereinbarung von kürzeren Arbeitszeiten auf freiwilliger Basis und befristete Freistellungen, wenn sich ein Betrieb in der Krise befindet. Das Moratorium sei „ein Punkt, über den man reden muß und reden kann“, sagte Gesamtmetall-Präsident Hans-Joachim Gottschol.

Die IG Metall steht bei den kommenden Tarifverhandlungen unter großem Druck der Mitgliedschaft. Die hohe Preissteigerungsrate und die Streichung vieler übertariflicher Leistungen haben die Einkommen der Arbeitnehmerschaft schon gemindert. Auch die angekündigte Minderung der Lohnfortzahlung an Feiertagen durch ein neues Bundesgesetz heizt die Stimmung weiter an. Ein Streik im Frühjahr allerdings würde die Erwartungen an höhere Lohnabschlüsse nach oben treiben, ein Risiko, dessen sich auch die IG-Metall-Führung bewußt ist.

Jedoch auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall steht unter Druck besonders der mittelständischen Mitgliedsbetriebe. „Viele drohen mit Austritt, wenn es nicht zu den erhofften Kostenentlastungen kommen sollte“, berichtet ein Arbeitgebersprecher. „Wenn erstmal das Auftragspolster weggeschmolzen ist, kriegen die Unternehmer Angst.“ BD