An der Grenze zur Magie

■ Retrospektive des Hamburger Malers Joachim Albrecht

„Meine Bilder...na ja, aber wenn einer sagt, meine Sahnesauce taugt nichts, dann ist das schon sehr ärgerlich.“ Mit achtzig Jahren sind dem Hamburger Maler Joachim Albrecht immer noch die Kunst und seine Schüler wichtig. Al-brechts Kunst ist konstruktiv. Er gehört zu jenen, die konsequent an Farbe und Form und der Beziehung von Fläche und Raum arbeiten. „Ein Minimum an Repertoire, ein Maximum an ästhetischer Information“ zitiert er noch heute den Leitsatz Max Benses, des „Papstes“ der Konkreten.

Quadrat, Rechteck und Kreis sind die vorherrschenden Mittel seiner Bildgestaltung, ohne daß es dabei um die bloß mathematische Berechnung der Bildinhalte geht. Bildtitel wie „Goldener Tag“ oder „Schöne Blonde“ weisen darauf hin, daß Intellekt und gestaltete Theorie nicht alles sind. Gefühl und Sinnlichkeit ist nicht ausgeschlossen und die Grenze zur Magie ist stets in Sicht. Besonders die in zahlreichen Schritten abgestuften Farbverläufe des Spätwerks geben dem reinen Kalkül gegeneinander gesetzter Formen ein auratisches Wirkungsfeld.

Die Konkrete Kunst hat eine eigene Geschichte und andauernde Wirkung, war aber niemals der Hauptstrom der Kunstrezeption. Joachim Albrecht gehörte seit 1953 zur „gruppe hamburg“ um Willy Breest und Hildegard Stromberger, die die ganze Richtung der Konstruktivisten - auch Josef Albers und Victor Vasarely - hier überhaupt erst bekannt gemacht hat. Die Ausstellungen fanden im Museum für Völkerkunde statt, die anderen Institutionen interessierten sich damals nur für informelle Malerei. „Wenn mir 1955 hier irgend jemand hundert Mark für mein Bild 'Weißer Kobold' gegeben hätte, wäre ich froh gewesen.“ (Später wurde es von einer Schweizer Galerie für zwölftausend Mark verkauft). Zehn Jahre darauf, 1964, erhielt Joachim Albrecht mit dem Edwin-Scharff-Preis Hamburgs höchsten Preis für hiesige Künstler.

Albrecht studierte von 1934-1939 an der Kunsthochschule in Königsberg und bekam seine wichtigsten Anregungen über die zur Nazizeit verfehmte Malerei durch unter der Hand weitergereichte Abbildungen und mehr oder weniger versteckte Graphiken. Während des Krieges malte er expressive Landschaften und stellte sie auch aus, wurde doch bei einem Soldaten der Reichswehr mehr geduldet als es die Doktrin sonst zuließ.

Albrechts Botschaft heute ist, daß Qualität für die Kunst unabdingbar ist, ein wahres Kunstwerk seltener ist als im emsigen Betrieb immer behauptet wird und die Wahrnehmung zur Schulung Gesetzmäßigkeiten braucht.

Hajo Schiff

BP-Oil, Überseering 2, Mo-Fr 16-19 Uhr, nur noch bis 8.10.