„Drei gegen die SPD“?

■ Der neue CDU-Fraktionschef Ole von Beust liebäugelt mit wechselnden Mehrheiten – auch gegen die SPD / Fragen   von Uli Exner

taz : Sie ziehen heute als Chef der einzigen Oppositionspartei ins Parlament, die nicht mit der SPD um eine Regierungsbeteiligung verhandelt. Bleibt es dabei?

Von Beust: Das kommt auf die anderen an. Wenn die Verhandlungen mit Statt-Partei und GAL scheitern, dann würden wir uns nicht verweigern.

Vor der Wahl haben alle Oppositionsparteien gesagt, eigentlich müßte die SPD abgelöst werden, jetzt bemühen sich alle...

...wir bemühen uns nicht...

...der SPD zu einer stabilen Mehrheit zu verhelfen.

Also, wir wollen nicht der SPD helfen, wir wollen die Hamburger Probleme lösen.

Und das geht nur mit der SPD? Könnten Sie sich nicht vorstellen, eine Mehrheit mit GAL und Statt-Partei zu organisieren?

Daß es eine Koalition oder sagen wir eine Zusammenarbeit gegen die SPD geben kann, das ist schon was Faszinierendes. Das muß man den Sozialdemokraten auch mal vor Augen halten. Voscherau argumentiert ja immer so schön, er könne sich das vorstellen mit wechselnden Mehrheiten. Er meint damit immer die SPD plus eine andere und sieht nicht, daß das auch heißen könnte: drei andere gegen die SPD.

Dennoch erweckt die CDU den Eindruck, am liebsten wäre ihr die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten.

In den entscheidenden Sachfragen wäre die Kooperation mit der SPD möglicherweise einfacher. Es ist ja ganz reizvoll, sich einen schwarzgraugrünen Senat vorzustellen. Aber was nützt mir das, wenn wir sachlich nicht übereinstimmen. Und so sympathisch mir die Kollegen und -innen von der GAL sind – es gibt Knackpunkte, bei denen eine Zusammenarbeit schwieriger würde als mit der SPD: Innere Sicherheit, vierte Elbtunnelröhre, Elbvertiefung, Hafenerweiterung.

Die Stichworte sind bekannt. Ihr Wahlkampfslogan war „Neue Ideen. Und ran.“ Da gab es inhaltlich ein gewisses Defizit. Was tut der Fraktionschef, um das zu ändern?

Wir müssen uns beschränken. Es wird in der Bürgerschaft viel zu viel nur um der Debatte willen debattiert.

Statt dessen?

Das Parlament muß in den Aussprachen offener werden. Nicht das klassische Rollenspiel...

...das sagen alle.

Ja, aber da muß man auch tatsächlich rangehen. Es wird immer kritisiert, aber es passiert nichts. Wir hatten das bei der vierten Elbtunnelröhre. Wir haben immer gesagt, ohne vierte Röhre bricht alles zusammen. Das ist unsere Rolle. Und die GAL macht das Gegen-Rollenspiel und sagt: Große Katastrophe, neue Straße zieht nur neuen Verkehr an. Man muß lernen, daß in vielen Fällen die Wahrheit dazwischen liegt.

Bleiben wir beim Beispiel Elbtunnel. Wie könnte eine schwarzgrüne Lösung aussehen??

Die GAL beißt in den sauren Apfel, der Tunnel wird gebaut. Und wir sagen im Gegenzug: Aber dieser Tunnel ist nur für den Gewerbeverkehr, nicht für den Individualverkehr. Und gleichzeitig mache ich die Straßen, die durch die Stadt führen, für den Gewerbe-Durchgangsverkehr dicht. Und entlaste so die Wohngebiete.

Die CDU hat vor allem bei den 18- bis 45jährigen WählerInnen verloren. Wie gewinnen Sie die zurück?

Wir müssen deutlich machen, daß es uns nicht um eine Rückkehr in die 50er Jahre geht. Die CDU macht vielleicht den Fehler, der Adenauer- oder Erhard-Ära nachzutrauern.

Das geht an der Realität vorbei, die Gesellschaft hat sich vollständig geändert. Konservativ heißt für mich weder, daß man das Rad der Geschichte zurückdrehen will, noch daß die Leute mit schwarzrotgoldener Fahne rumlaufen und sagen, ich bin stolz, Deutscher zu sein.

Sondern?

Die CDU sollte nicht länger den Eindruck vermitteln, als seien die gesellschaftlichen Probleme auch allesamt gesellschaftlich, also durch die Politik, lösbar. Das sind sie nicht. Der Mensch ist nunmal nicht gut. Das kriegen wir auch nicht mit noch so viel Polizei in den Griff.

Das meine ich mit konservativ: Mehr an der Eigenverantwortung packen, an der eigenen Leistungsverantwortung. Und die Defizite dann kompensieren mit größerer sozialer Gerechtigkeit. Damit, daß man denen hilft, denen es wirklich dreckig geht und nicht denen, die am besten organisiert sind.