Ich hab dieses traurige Zeug nie leiden können

■ Vor seinem Konzert im Modernes: Der Bluessänger Taj Mahal über High-Energy-Songs, Jeanswerbung und Country-Arschlöcher

Heute abend wird im Modernes Bluesgeschichte lebendig. Der Sänger, Gitarrist, Banjospieler, Pianist und Bluesforscher Taj Mahal ist mit einem Soloprogramm auf Tournee. Er vermischt die verschiedenen Stile schwarzer Musik zu einer intensiven Reise durch die Gefühlswelt des Blues. Bei seinem Konzert vor einigen Tagen in Bochum wechselte er etwa vom party feeling des auf dem Piano gespielten Boogie zum Fieldsong, von dort über das jazzige „All Blues“ von Miles Davis zum Walking Blues um schließlich bei karibischen Rhythmen sehr einladend mit den Hüften zu kreisen. Die taz sprach in Bochum mit ihm.

Ist es nicht merkwürdig, daß die große Fangemeinde des Blues fast nur aus Weißen besteht, hier wie in den USA?

Ja, so ist es leider. Viele Schwarze assoziieren diese Musik immer noch mit den harten, schlechten Zeiten in denen sie sich entwickelte. Wenn man eine Gruppe von Menschen eine lange Zeit lang unterdrückt, dann hassen sie schließlich sich selber, sogar das Beste was sie haben.

Nun ist der Blues ja gerade wieder in Mode gekommen: als Stimmungssmusik für Jeanswerbung, mit großen Promotionaktionen der Plattenfirmen für Stars wie John Lee Hooker. Ändert sich dadurch etwas für die anderen Musiker?

Die Industrie ist nicht an der Kultur interessiert, sondern daran, ob der Blues sich für sie rechnet.

„Weiter als bis fünf können in diesem Geschäft nur sehr wenige zählen“

Und so machen sie Bluesstars. Bekannt werden der King, der Duke, der Count, die Queen und der Prince des Blues. Weiter als bis fünf können in diesem Geschäft nur sehr wenige zählen. Für mich ist dagegen am Blues nicht der materielle, sondern der spirituelle Wert wichtig.

Bei Ihren Auftritten herrscht immer eine fröhliche, sehr energische Grundstimmung. Ent

All Blues: Taj MahalFoto: Dawn Stevens

spricht das eher ihrem Temperament als das depressive „I've got the Blues“-Feeling?

Für viele Menschen ist der Blues

hierhin bitte

das Foto von dem

schwarzen

Gitarristen

nur diese langsame, traurige Musik. Ich habe nie so gespielt. Ich mag diese Songs nicht, sie helfen dem Zuhörer nicht weiter. Wenn

es ein wirklich guter Song ist, dann sing ich auch mal einen traurigen Blues, aber im Grunde habe ich immer „high energy“- Musik gespielt.

Sehen sie sich als Kurator, als Bewahrer und Sammler der schwarzen Musik?

Nein, ich bin nur Teil dieser Kultur. Ich habe sie als kleiner Junge gehört.

Dann müssen Sie aber viel besser zugehört haben als die meisten anderen.

Meine Mutter kommt aus den Südstaaten und mein Vater aus der Karibik. Ich hörte als Kind klassische Musik, Jazz, Calypso und hatte von Anfang an einen sehr weiten Horizont. Jetzt spiele ich 250 mal im Jahr meine Musik auf der Bühne, und sie ändert sich immer noch ständig. Zuerst mochte ich etwa das Banjo überhaupt nicht, oder ich haßte weiße Countrymusik. Aber als ich mich näher mit ihren Ursprüngen beschäftigte, entdeckte ich auch dort Songs, die mir gut gefielen. Ich bin nicht gerade vernarrt in die Countrymusiker, die meisten davon sind wirkliche Arschlöcher, aber auch in dieser Musik steckt der Blues. Willy Taub

heute abend um 20 Uhr im Modernes