Sperrbezirk für Huren in der Innenstadt

■ Innenstaatssekretär: Prostituierte sollen aus Tiergarten und Mitte vertrieben werden / Rechtsgrundlage noch unklar

Die Tage für Prostituierte in der Innenstadt sind gezählt. Wie Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU) gestern der taz mitteilte, soll allen Huren künftig untersagt werden, in bewohnten Gebieten Freier anzuwerben und mit ihnen dort zu verkehren. Auf welche Grundlage sich das Verbot stützen soll, weiß Jäger allerdings noch nicht. „Wir bemühen uns zur Zeit, die richtige Rechtsvorschrift zu finden.“ Ein klassischer Sperrbezirk wie in München und Frankfurt sei vorerst jedoch nicht geplant, betonte er.

Den feinen Unterschied zu einem Sperrbezirk erklärte Jäger so: Sperrbezirk bedeute, daß Prostituierte sich „strafbar“ machten, wenn sie von der Polizei dort angetroffen würden. „Wir suchen jedoch nach einer rechtlichen Möglichkeit unter der Strafbarkeitsgrenze.“ Sollte das Verbot wirkungslos bleiben, werde man jedoch Sperrbezirke einführen müssen, kündigte Jäger an. Der Feldzug gegen die Straßenprostitution richtet sich nicht nur gegen den Tiergarten, sondern auch gegen die Oranienburger Straße in Mitte.

Vor knapp zwei Jahren hatte sich der Innenstaatssekretär noch vehement gegen Sperrbezirke ausgesprochen. Damals hatte eine Anwohnerinitiative der Lützow- und Kurfürstenstraße – beide Straßen sind fester Bestandteil des Straßenstrichs Tiergarten Süd – mit Unterstützung der Tiergartner SPD und CDU-Bezirksverordneten eine solche Tabuzone für Huren gefordert. Als Grund hatten die Anwohner angeführt, daß ihre Kinder auf dem Schulweg sexuell belästig würden, überall Kondome und Spritzen herumlägen und man sich durch nächtlichen Autolärm der Freier extrem gestört fühle.

An einem „runden Tisch“ versuchte man, zusammen mit Vertretern von Polizei und Mitarbeiterinnen der Prostituierten-Selbsthilfeorganisation „Hydra“ Lösungsvorschläge zu erarbeiten. „Hydra“ schlug vor, für die Prostitution einen „Stichplatz“ nach holländischem Vorbild einzurichten – einen abgetrennten Parkplatz mit Mülleimern neben den Parkboxen. Trotz verschiedenster Bemühungen, so Jäger gestern, hätten sich die Zustände im südlichen Tiergarten „vor allem im hygienischen Bereich so zugespitzt“, daß nun zu drastischeren Mitteln gegriffen werden müsse. Die Drogenszene, die sich seit einigen Wochen rund um die Kurfürstenstraße konzentriert, versuche die Polizei, nunmehr mit verstärkten Kontrollen zu vertreiben. Die Prostituierten will der Innenstaatssekretär in unbewohnte Stadtgebiete abschieben. Dort sollen ihnen nach „Hydras“ Vorschlag „Stichplätze“ zur Verfügung gestellt werden.

Jäger schloß nicht aus, daß diese Plätze in Stadtrandlage wie Wannsee oder Grunewald angesiedelt würden. Die Gefahr, daß die Frauen so wie in anderen Großstädten noch mehr den Zuhältern in die Arme getrieben werden, sieht Jäger zwar auch. Man werde jedoch versuchen, dies mit möglichst vielen „Gemeinschaftsplätzen zu verhindern“. Plutonia Plarre