piwik no script img

UNO verlängert Mandat für Kroatien und Bosnien

■ Tudjman warnt Blauhelme / Rußland will Serbien entgegenkommen

Wien (taz) – Im Schatten der Ereignisse in Moskau verlängerte der Weltsicherheitsrat am Montag abend das Mandat der UNO-Blauhelme für das ehemalige Jugoslawien um weitere sechs Monate. Bei dieser Entscheidung, die erst nach längerem Zögern der russischen Delegation zustande kam, ließ man jedoch die Frage völlig offen, in welchem Umfang die Stationierung der Friedenstruppen im kommenden halben Jahr durchgeführt werden soll. Außerdem blieb unklar, wie die UNO sich verhält, wenn eine der Konfliktparteien das sofortige Ende des UNO-Mandats fordern sollte.

Kroatiens Präsident Franjo Tudjman bleibt nämlich bei seiner Warnung, die UNO aus der von Serben besetzten Krajina zu verjagen, sollte es den Blauhelmen nicht gelingen, die „Souveränität in den besetzten Gebieten wieder herzustellen“. Aus Zagreber Sicht bedeutet dies die Rückführung der Vertriebenen und die kroatische Rechtsprechung in der Krajina. Eine Forderung, die die serbische Seite für unannehmbar hält und die auch das Sicherheitsratsmitglied Rußland nicht unterstützt.

Rußland will Serbien sogar entgegenkommen: Die internationalen Handelssanktionen gegen Belgrad könnten aufgehoben werden, wenn die Serben von nun an auf weitere Landeroberungen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina Abstand nehmen sollten. Ein Angebot, gegen das sich vor allem Washington sträubt. Dort will man die Sanktionen so schnell nicht lockern und erst die weitere Entwicklung in Bosnien abwarten – ohne jedoch selbst aktiver einzugreifen.

Dort wird unterdessen weiter geschossen. In der Region von Gornj Vakuf lieferten sich gestern Kroaten und Muslime wieder erbitterte Kämpfe, an anderen Frontabschnitten gab es Scharmützel zwischen Serben und Muslimen. Vor diesem Hintergrund scheint hier die UNO-Präsenz ebenfalls gefährdet. Von französischer und britischer Seite gibt es bereits die Warnung, die Blauhelme aus Bosnien abzuziehen, sollten sich die Kriegsparteien nicht endlich auf einen Friedensvertrag verständigen.

An eine Ausweitung der Blauhelm-Aufgaben, die angesichts des nahenden Winters dringend nötig wäre, wird derzeit nicht gedacht. Auch für Bosnien gibt es derzeit keine besonderen Hilfsprogramme, weder regelmäßige Abwürfe von Nahrungsmitteln über den muslimischen Enklaven noch der Aufbau von Landkorridoren zu den Flüchtlingshochburgen oder nach Sarajevo. So bleibt mit der Entscheidung aus New York alles beim alten – in Kroatien und in Bosnien. Karl Gersuny

Abdic lehnt Ultimatum ab

Zagreb/Sarajevo (dpa) – In der muslimischen Enklave um Bihać im äußersten Nordwesten Bosnien-Herzegowinas, die sich für autonom erklärt hat, war es nach Informationen der lokalen Medien gestern weitgehend ruhig. Am Vortag gab es dort bei Kämpfen zwischen Autonomisten und regierungstreuen Truppen nach kroatischen Rundfunkmeldungen neun Tote. Im UNO-Hauptquartier in Sarajevo hieß es, daß bei Kämpfen unter Muslimen bei Velika Kladusa bei Bihać 13 Personen getötet worden seien. Zu der Eskalation kam es, nachdem der „Präsident“ der selbst ausgerufenen „Autonomen Provinz West-Bosnien“, Fikret Abdić, ein Ultimatum des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović zurückgewiesen hatte, die Autonomie der muslimischen Enklave rückgängig zu machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen