Aus der Gruft

Louis Althusser – Philosoph, Kommunist, Irrer, Mörder – hat seine Bekenntnisse geschrieben  ■ Von Jörg Lau

„Der marxistische Philosoph Louis Althusser“ – so lautet die Formel, unter der dieser Autor bis zum Schluß firmierte; noch die Tickermeldungen im Oktober vor drei Jahren winkten vertraulich mit diesem Etikett: „Frankreichs berühmtester Marxist“, hieß es da, sei im Alter von 72 Jahren in einem Pariser Krankenhaus gestorben. Berühmt? Marxist?

Berühmt war Louis Althusser damals schon längst nicht mehr. Und wer sich noch an ihn erinnerte, tat das kaum seiner marxistischen Lehre wegen. Fast genau zehn Jahre vor seinem Tod hatte sich etwas zugetragen, das seinen Ruhm als marxistischer Philosoph für den Rest seiner Tage überschatten sollte: Am 16. November 1980 hatte Louis Althusser seine Frau Hélène in ihrer gemeinsamen Pariser Wohnung in der Ecole Normale Supérieure erwürgt. Er stellte sich sofort nach der Tat – offenbar in einem solchen Zustand geistiger Verwirrung, daß er bald für schuldunfähig erklärt und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden mußte. Sein Verfahren wurde eingestellt, ein Prozeß fand niemals statt. Althusser, wenige Jahre zuvor noch im Zentrum der linken Debatten um die „Krise des Marxismus“, rutschte nach dem Mord in eine Existenz als Untoter, als Zombie des intellektuellen Betriebs.

Zum „Fall Althusser“ fiel Freund und Feind nicht viel ein. L'Humanité Dimanche, die Sonntagszeitung der Kommunistischen Partei, veröffentlichte eine Woche nach der Tat einen Nachruf von bemerkenswerter Stimmlosigkeit. Da war die Rede von den „Forschungen unseres Genossen auf dem Gebiet des Marxismus und des Leninismus“ (von denen sich die KPF allerdings nie nachhaltig hatte beeindrucken lassen). Es gab auch Versuche, den Mord als Konsequenz von Althussers philosophischem „Antihumanismus“ darzustellen und den mordenden Philosophen zum „Mörder-Philosophen“ (L'Express) zu stempeln. Aber so war dem Tatbestand nicht beizukommen, daß Louis Althusser, der von Schülern und Freunden (Régis Debray, Nicos Poulantzas, Michel Foucault, Jacques Derrida et.al.) als stets kontrolliert, liebenswürdig und duldsam beschriebene Lehrer, Professor an der angesehensten Eliteschule der Nation, durchgedreht war, seine Frau getötet hatte. Anfang 1981 konnte man an den Mauern der Ecole Normale Parolen lesen, deren Zynismus, wie Lothar Baier vermutete, wohl nur eine Ausflucht der Ratlosigkeit war: „Bravo, Althusser – Jack the Ripper“ Und: „Althusser hat immer davon geträumt, Handarbeiter zu sein.“

Im Kern jenes Redestrudels über die Mörder-Philosophie des Mörder-Philosophen, der seinerzeit die französischen Feuilletons mitriß, herrscht eine eigenartige Stille. Althusser war hinter Klinikmauern verschwunden und schwieg. Vielleicht war das Reden über seinen Fall von dem Wunsch angetrieben, dieses Schweigen (oder, wer weiß, womöglich das unverständliche Gemurmel eines Irren) zu übertönen. Seine deutschen Anhänger machen da keine Ausnahme. 1982 erscheint eine Einführung in Althussers Werk, die durch das asketische Kunststück überrascht, auf 167 Seiten nicht ein einziges Mal das Wort auf Mord und Geisteskrankheit zu bringen. Man referiert Althussers „marxistische Erkenntnistheorie“, als wäre nichts geschehen. Was sollte man auch dazu sagen? Es war doch wohl nicht der Marxismus, der Althusser verrückt gemacht hatte. Und er war auch nicht Marxist geworden, weil er verrückt war. Also konnte man Althusser, den Irren, getrost vergessen (solange die Psychiatrie ihn ruhig stellte), und sich erleichtert Althusser, dem Philosophen, zuwenden. Wie beginnt man eine Einführung in sein Denken? Am besten mit dem Appell, zu den Heiligen Schriften zurückzukehren, wie er in „Lire le Capital“ (1965) steht: Man sollte „Das Kapital“ lesen, und zwar „den ganzen Text, die vier Bücher Zeile für Zeile.“

„Als im Oktober meine Bücher erschienen, wurde ich von derart starker Panik ergriffen, daß ich von nichts anderem mehr sprach, als sie zu vernichten (aber wie?) und, als letzte, aber radikale Lösung, mich selbst zu vernichten.“ So erlebte Louis Althusser die Publikation von „Pour Marx“ und „Lire le Capital“. Warum die Panik? In seinen Bekenntnissen, die jetzt auf deutsch unter dem Titel „Die Zukunft hat Zeit“ erschienen sind, gesteht Althusser, zu jenem Zeitpunkt (1965) zwar Marx' Jugendwerke, vom „Kapital“ aber nur den ersten Band gelesen zu haben. Nun ja, könnte man da erleichtert zugestehen, das kommt offenbar vor, selbst unter Professoren an Eliteschulen. Aber Althussers Autobiographie ist keine kokette Farce über den intellektuellen Jahrmarkt der Eitelkeiten: Beim Gedanken an seine Entlarvung als philosophischer Hochstapler verfällt er in Angstzustände von solcher Intensität, daß er einen Monat in der psychiatrischen Klinik von Soisy verbringen muß. Er erinnert sich lebhaft an ein „unglaubliches Entsetzen bei der Vorstellung, daß diese Texte [,Pour Marx‘ und ,Lire le Capitale‘, die Red.] mich vor dem denkbar größten Publikum ganz nackt zeigen würden: ganz nackt, das heißt so wie ich war, ein Wesen, das nur aus Kunstgriffen und Schwindeleien bestand und nichts anderem, ein Philosoph, der beinahe nichts von der Geschichte der Philosophie wußte und beinahe nichts von Marx“. Wer sich an den hier in Rede stehenden Texten versucht hat, kann das Paranoide dieser Angst ermessen. Mit einem Schuß Zynismus gesprochen: nichts war unbegründeter als Althussers Angst vor der Entlarvung; als Stilist war er ein Meister der Camouflage.

Louis Althusser hat sich, als er aus der schweren Depression auftauchte, in die er sich nach der Tat im November 1980 zurückgezogen hatte, selber jenen Prozeß gemacht, der ihm seinerzeit erspart wurde. Das Ergebnis seiner Ermittlungen in eigener Sache ist der Text „L'avenir dure longtemps“ (etwa: „Die Zukunft dauert lange“), der nun auf deutsch unter dem ein wenig irreführenden Titel „Die Zukunft hat Zeit“ vorliegt. Man muß wohl kaum betonen, daß man es hier nicht mit einem betulichen Memoiren-Buch zu tun hat. Es sind Aufzeichnungen aus einem Kellerloch, oder besser: aus einer Gruft. Althusser spricht über sich, „um jenen drückenden Grabstein zu lüften, der auf mir lastet. Ja, um mich ganz allein zu befreien, aus mir selbst, ohne irgend jemandes Rat oder Befragung.“

„Leider bin ich kein Rousseau“, heißt es in der Vorrede. Diese Bekenntnisse sind der „beispiellosen Kühnheit“ des Rousseauschen Aufrichtigkeitsprogramms verpflichtet, allerdings sind sie frei von dem Pionierstolz, mit dem sich jener noch vor dem Leser aufbaute. Rousseau hatte seine „Bekenntnisse“ geschrieben, bevor er dem Wahn verfiel. Louis Althussers Aufzeichnungen sind selbst das Dokument des Versuchs, dem Wahn zu entkommen. Althusser tritt als zutiefst Verstörter vor sein Publikum. Er hat feststellen müssen, daß der Trost seiner eigenen Philosophie ein sehr geringer ist. Sie hilft ihm nicht dabei, sein in Stücke gegangenes Leben wieder zusammenzubuchstabieren. Sein ganzes intellektuelles Leben hindurch hat ihn eine Frage umgetrieben, die nicht von Marx, sondern von Spinoza gestellt wurde: Warum kämpfen die Menschen für ihre Knechtschaft, als sei es für ihr Heil? Seine Antwort auf diese Frage, die Theorie der „Appareils idéologiques d'Etat“ („Ideologische Staatsapparate“ – Familie, Schule, Medien, Kirchen, Justiz usf.) vermag ihm nun nicht die „Macht bestimmter gewaltsamer Gebilde über mein Leben“ zu erhellen. Der Philosoph blickt zurück auf seine Theorie, „die ich mir, zu meiner eigenen Überraschung, nicht für das Verständnis dessen zunutze machen konnte, was mir widerfahren ist“.

Also alles ganz von vorne. Welch ein Familienroman: Er beginnt in Algerien vor dem Ersten Weltkrieg, in Birmandreis, fünfzehn Kilometer von Algier, wohin es die kleinbürgerliche katholische Familie Berger verschlagen hat. Lucienne Berger verliebt sich in einen jungen Mann mit dem Namen Louis Althusser. Louis, Liebling seiner Mutter, ein vielversprechender, intelligenter, ätherischer junger Mann, hat noch einen älteren Bruder, den groben, tüchtigen, sinnlichen Charles. Bald segnen die beiden Familien die Verbindung durch eine Verlobung ab, doch bevor die Liebenden heiraten können, muß Louis in den Krieg. Er stirbt 1917 in den Lüften über Verdun bei einem Aufklärungsflug. Charles Althusser tritt daraufhin, auf Beschluß beider Familien, an die Stelle seines jüngeren Bruders und heiratet Lucienne Berger. Der Sohn, der dem Paar im Jahr 1918 geboren wird, wird zu Ehren des gefallenen Bruders Louis genannt. Man kann sich denken, wie der so getaufte seinen Namen versteht: Er hört darin das „lui [er], jenes Pronomen der dritten Person, das, wie der Aufruf eines anonymen Dritten klingend, mich jeder eigenen Persönlichkeit beraubte und auf jenen Mann hinter meinem Rücken anspielte: Lui – das war Louis, mein Onkel, den meine Mutter liebte, nicht ich.“

Vaterlos zu sein (also sich selbst erschaffen zu haben), und von seiner Mutter abgelehnt beziehungsweise als Platzhalter, als Marke eines Mangels behandelt zu werden (also ihrer Liebe nicht wert zu sein), das sind die Grundphantasmen, zwischen denen Louis Althusser sein Leben lang hin und hergeworfen wird, in einem ewigen Auf und Ab von euphorischer Selbstüberbietung und schwerer Depression. Charles Althusser

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greift nie in Louis' Leben ein, er erscheint im Rückblick als ein Herumtreiber von barocker Sinnlichkeit, der wohl niemals daran gezweifelt hat, seine Frau „glücklich“ gemacht zu haben. Die jedoch, so sieht es wiederum der Sohn, ist „ein ewiges Kind“, „ohne jede Erfahrung vom Leben“ und „von Phobien geradezu bedrängt“: „sie hatte Angst vor allem, zu spät zu kommen, nicht mehr (genug) Geld zu haben, Angst vor Zugluft, [...] eine ungeheure Angst vor Mikroben und Ansteckungsgefahren, Angst vor Massen und ihrem lärmenden Gedränge“ – vor allem Angst vor der Sexualität, die sie auf ihren Sohn überträgt. Sie deutet auf die von seiner ersten Pollution befleckten Bettlaken und klärt ihn auf: „Jetzt, mein Sohn, bist du ein Mann.“ Louis erfährt dies als ungeheure Bloßstellung. Ein Mann? Mit einem Körper wie der beängstigende Charles, den sie nicht lieben kann? Louis errät den Sinn dieser Intervention in seine Intimität. Er ist ein sensibles, überaus verständiges Kind, von klein auf abgerichtet, den Wunsch der Mutter zu erkennen: Er wird rein und keusch sein wie ER, lui, Louis, der ätherische, der sich in Luft aufgelöst hat. Bis zum Alter von 29 Jahren wird er nicht einmal wissen, daß man sich selbst befriedigen kann. Althusser setzt, um der Glaubwürdigkeit willen und um sein eigenes Erstaunen zu markieren, zwei Ausrufungszeichen hinter die Altersangabe; bei der niederschmetternden Lebendigkeit seiner Erinnerung an frühe Erniedrigungen wäre das gar nicht nötig gewesen.

Wie findet Louis Althusser zum Kommunismus? In der Kriegsgefangenschaft (die ihm, der panische Angst vor der Verletzung seines Körpers hatte, „wie ein Handschuh paßte“) schreibt er, habe er die ersten Kommunisten kennengelernt. Als man nach dem Mord über Althussers Bindung an die KPF zu spekulieren begann, hieß es, daß Hélène Rytman, seine spätere Frau, bei seinem Eintritt in die Partei eine entscheidende Rolle spielte. Das mag insofern stimmen, als Hélènes Beispiel einer „wirklichen, totalen, unerbittlichen Leidenschaft“ für die Arbeiterklasse ihm den Übergang von einem katholischen zu einem kommunistischen Mystizismus ermöglichte. (Jacques Lacan, der Hélène in den dreißiger Jahren in Nizza kennenlernte, verglich sie mit Mutter Theresa.)

Althusser bestreitet – um der These zu begegnen, Hélène stecke hinter seiner neurotischen Bindung an die KPF – daß sie auch nur den geringsten Druck in politischer oder philosophischer Hinsicht auf ihn ausgeübt habe. Er bestreitet nicht, daß sein Verhältnis zu Hélène von den gleichen Affekten der Schuld und des Widerwillens, der Selbstaufgabe und der Abhängigkeit bestimmt war wie sein Verhältnis zur Partei.

Als die beiden sich begegnen, steckt Hélène „im schwärzestem Elend“. Sie hält sich über Wasser, indem sie kostbare Erstausgaben von Malraux, Eluard und Aragon verkauft, mit denen sie einmal befreundet war. Sie treffen sich häufig und schlafen eines Tages miteinander: „Das war neu, erschütternd, erregend und stürmisch. Als sie gegangen war, tat sich in mir ein Abgrund von Angst auf, der sich nie mehr schloß.“ Zum ersten Mal muß Louis Althusser sich für längere Zeit hospitalisieren lassen; er wird mit Elektroschocks behandelt. Hélène ist, man ahnt es fast, von dem einzigen Geschlechtsverkehr schwanger geworden; sie läßt eine Abtreibung vornehmen. Man muß nur die wenigen Sätze genau lesen, die Louis Althusser über diesen gräßlichen Beginn der Liebe seines Lebens schreibt, um das Unglückspotential dieser Beziehung zu ermessen: Er glaubt, sie habe abgetrieben, „damit ich nach dieser Nachricht keine erneute Depression erlitt, so wildes Entsetzen hatte ich darüber an den Tag gelegt, daß ich sie körperlich geliebt hatte.“ Und kommentiert diese seltsame Liebestat: „Wo findet sich ähnlicher Opfermut? Noch heute bin ich körperlich wie seelisch davon zutiefst erschüttert und bewegt.“

Seltsame Freude! Althussers scheint nie der Gedanke gekommen zu sein, daß man solche „Geschenke“ nicht ohne Schaden macht. So kann nur jener Louis sprechen, der unter dem Namen eines Toten auf Erden umherwandelte, ohne eigene Existenz und ohne einen Schimmer von einer Liebe, die auf Gabe und Gegengabe beruht.

Die beiden, die sich da gefunden hatten, vermochten sich in über dreißig folgenden Jahren nicht zu helfen und konnten doch voneinander nicht lassen.

In den Phasen seiner Depressionen kümmerte sie sich um ihn; wenn er wieder an die Oberfläche kam, wurde er bald von dem Drang befallen, sie mit anderen Frauen zu betrügen. Hatte er seine neue Geliebte erobert, trieb es ihn, sie Hélène gegen ihren heftigsten Widerwillen vorzustellen, um ihr „Plazet“ zu bekommen. Umgekehrt spielte sie mit seiner panischen Trennungsangst, indem sie unvermittelt verschwand und ihn sich selber überließ, was wiederum unweigerlich zu neuen depressiven Schüben führte ...

Da war doch noch was? Die Partei, der Marxismus, die Philosophie? Er habe in der Partei, unter der er sehr gelitten habe, bleiben müssen, sagt Althusser, weil er sie bis zum Ende für die alternativlose Organisation der Arbeiterklasse gehalten habe, die auf seine Kritik angewiesen war. (Noch ein Verantwortungsphantasma.) Die Entscheidung für den Marxismus sei eine „Körperentscheidung“ gewesen, schreibt er, sein Materialismus ein Versuch, „mit dem Körper zu denken“ (sich also das zu verschaffen, was ihm durch die Logik seines Familienromans vorenthalten blieb). Aber warum, fragt man sich, hat er so sorgfältig alle Spuren dieses Wunsches aus seinem Werk getilgt? Statt „mit dem Körper zu denken“ hat er sich einen Philosophie-Panzer erschrieben, den erst dieses Buch, „Die Zukunft hat Zeit“, aufbrechen konnte.

Politik, Partei, Philosophie – am Ende ist das alles Makulatur. Hélène und Louis Althusser haben sich in eine Hölle der Ambivalenz, in einen zerstörerischen Bindungs- Clinch, hineinmanövriert, beide am Rand des Selbstmordes. Zuletzt, in jenem November 1980, hausen sie zehn Tage lang zusammen in ihrer Wohnung in der Ecole Normale, im Zentrum des französichen akademischen Lebens und doch von aller Welt abgeschnitten. Seit Wochen hatte Hélène ostentativ Tabletten gehortet. Sie öffnen die Tür nicht mehr, an der ein Zettel behauptet „Augenblicklich verreist; Klopfen sinnlos“; sie reagieren nicht mehr aufs Telefon. Der Rest ist bekannt.

Warum hat Louis Althusser seine Frau ermordet? Er bietet uns die These eines altruistischen Mordes an. Die suizidäre Hélène, unfähig, selber Hand an sich zu legen, sollen wir denken, habe ihm eine Lizenz zum Töten gegeben. Dazu fügt sich, daß scheinbar kein Todeskampf stattgefunden hat: ihr Hals zeigte keine Würgemale. Der Wahn, der im sanften Louis den Mörder freisetzte, erscheint in dieser Version als List einer höheren Vernunft – nach all dem blinden Unglück dieser Lebensgeschichte zu einleuchtend, um wahr zu sein. Das fügt sich alles ein wenig zu gut in die Logik des Familienromans: Louis, von Beginn an ohne eigene Existenz, streicht am Ende sein Leben durch: „Als greifbaren Beweis meiner Nicht-Existenz hatte ich verzweifelt alle Beweise meiner Existenz zerstören wollen, nicht nur Hélène, den sichersten Beweis ...“

So wird aus einem Mord ein Doppelselbstmord und aus den Bekenntnissen Althussers am Ende eine allzu plausible Geschichte. Louis Althusser ist es zwar gelungen, den Grabstein zu lüften, indem er seine Stimme erhob; der Gruft hat er aber bis zum Ende nicht entkommen können.

Louis Althusser: „Die Zukunft hat Zeit.“ Herausgegeben und eingeleitet von Olivier Corpet und Yann Moulier Boutang. Aus dem Französischen von Hans-Horst Henschen, S. Fischer Verlag, 416 Seiten, geb., 44 DM