Öko-Fleischer war ausverkauft

■ Nach Stern-Report: Fleisch-Einzelhandel erwartet Zulauf, Ökometzger hat ihn

hierhin Metzger

Gesunde glückliche Würstchen und ihr Schlachter GrothFoto: Jörg Oberheide

„Solche katastrophalen Dinge, wie der Spiegel und der Stern gezeigt haben, habe ich in meiner 40jährigen Praxis noch nicht erlebt“, sagt Herbert Dohrmann, Innungsobermeister der Fleischerinnung Bremen-Nord. Über einen Rückgang der Kunden in den kleinen Läden des Fleischfachhandels kann er nicht klagen. Er vermutet eher noch mehr Zulauf, da die meisten wüßten, daß sie dort eine höhere Qualität bekämen als in den Supermärkten. Beim Öko-Fleischer Matthias Groth am Sielwall war letzten Samstag sogar alles ratzekahl ausverkauft: „Schicht im Karton“.

Fleischermeister Matthias

Groth kauft das Fleisch für seinen Öko-Fleischladen nur von Demeter- oder Bioland-Betrieben. Die vier Bauern im Bremer Umland besucht er regelmäßig an den Wochenenden und guckt sich die Tiere an. Die Bullen und Ochsen laufen hauptsächlich draußen, die Schweine teilen sich die etwa vier mal vier Meter grossen Boxen zu dritt. Gefüttert werden sie zu 90 Prozent mit hofeigenen angebauten Produkten. Ein Bauer hat etwa 30 Schweine und 50 Ochsen. Sollte eines der Tiere medikamentös behandelt werden, müssen die Bauern drei mal so lange wie normal warten, bis die Tiere zum Schlachter kommen. Einer der Landwirte behan

delt seine Tiere sogar mit Kräutern.

Zum Schlachten werden die Tiere in einen Pferde- oder Viehanhäger nach Seckenhausen bei Brinkum transportiert, ein Weg von etwa 20 Minuten, sagt Groth. „Den Töter kenne ich persönlich und weiß, daß er das alles sehr gut macht.“ Die Schweine werden, wie mittlerweile überall üblich, mit Strom betäubt. Die Bullen werden zum größten Teil draußen mit dem Bolzenschuß betäubt, dann bekommen sie den Geruch des Schlachthauses nicht mit. Sie bleiben „friedlich“, sagt Groth.

Mit seinem Fleisch-Spezialanhänger schafft Öko-Fleischer Groth den Weg vom Schlachthof in seine Fleischerei in 20 Minuten. Kurze Transportwege garantiert allerdings auch Herbert Dohrmann für die Innung in Bremen-Nord. Die Innung hat den Schlachthof in Aumund 1986 von der Stadt gekauft, um Einfluß auf das zu haben, was dort stattfindet. „Dort werden nur etwa 300 Schweine pro Woche geschlachtet. Und daher kostet unser Fleisch mehr.“ Die Öko-Ware bei Groth ist auch nicht billig, aber, so versichern sie beide unabhängig voneinander: Es liegt in der Hand der Kundschaft, die Tierhaltung mit ihrem Kauf zu beeinflussen.

Billiges Fleisch zu kaufen bedeute nämlich zugleich, Massentierhaltung mit Chemie, Antibiotika und dergleichen mehr zu unterstützen. Der „Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.“ bei Kiel fordert in seinen Richtlinien zur artgerechten Haltung, daß Ochsen, Färsen und Bullen einen Auslauf haben müssen, im Sommer Weidegang, hofeigene Futtermittel und einen schonenden Transport zur Schlachtstätte (maximal 100 km). Schweine sollen auf einem wärmegedämmtem Stallboden gehalten werden. Freß-, Liege- und Kotbereich sollten dabei getrennt sein.

Viele Kunden verstünden nicht, warum manche Teile ausverkauft seien, erzählt Groth. „Man müßte einen Bullen nur aus Filet haben.“ Denn die meisten wollten Edelteile haben. Da er jedoch nur ganze Tiere kauft, ist ein Ochsenschwanz und Eisbein eben auch noch da.

Vivanne Agena