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Etat '94: Lauter Löcher

■ Grundsteuern erhöht, „Tafelsilber“ verkauft

Die Steuereinnahmen werden 1994 um 350 Millionen unter dem einmal prognostizierten Niveau liegen, erklärte der Bremer Finanzsenator gestern bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs '94. Verzweifelt sucht er nach anderen Einnahmequellen. 13 Millionen will Kröning aus einer Erhöhung der Grundsteuer gewinnen. Kassierte das Land für ein Bremer Haus bisher 300-400 Mark im Jahr, düften das knapp 100 mehr werden. (1,40 Mark mehr pro 1.000 Mark „Einheitswert“). Andere Gebühren oder Steuern können aber nicht mehr erhöht werden, meinte Kröning — die Belastungen hätten eine Obergrenze erreicht. Jetzt müsse zur Haushaltssanierung vom „Tafelsilber“ verkauft werden.

Aus dem Verkauf der Stadtwerke-Anteile hat er bereits weit mehr als 500 Millionen Mark geistig „verplant“. Daß die SPD beschlossen hatte, nicht mehr als 24,9 Prozent der Stadtwerke-Anteile zu verkaufen, kommentierte Kröning trocken mit: „Die haben mich vorher nicht gefragt.“

In den nächsten Monaten wird Bremen so die Beamtenbaugesellschaft (4-5.000 Wohnungen) und seine Anteile (14 Prozent) an der Bremischen Bau-Siedlungssellschaft verkaufen. Aus diesem Verkauf sollen 75 Millionen Mark in das Staatssäckel kommen; der Senat hat sie vor einigen Tagen schon an die Ressorts verteilt — 52 Millionen ans WAP, den Rest für den ÖPNV, für den Wissenschafts-Etat und andere Zwecke. Sonderinvestitionen, so Kröning, können nicht mehr aus einer Erhöhung der Kreditaufnahme finanziert werden, will Bremen wirklich seinen Schuldenberg abtragen.

„Das kann so nicht weitergehen“, sagte der Finanzsenator mit steinernem Gesicht: Seit Jahren werde in der Öffentlichkeit über Sparen geredet, dennoch sei der Staatshaushalt immer mehr angestiegen und damit die Verschuldung. Die Nettokreditaufnahme würde ohne Bonner Hilfe 1994 auf 1,47 Milliarden ansteigen. Der Schuldenberg beträgt 17,62 Milliarden, dazu darf man getrost noch mindestens 2 Milliarden hinzurechnen, die als „Bürgschaften“ oder bei Staatsfirmen versteckt sind.

1994 wird der Haushalt 7,4 Milliarden Ausgaben enthalten bei nur 5,9 Milliarden Einnahmen. 1,8 Milliarden kommen aus Bonn „zur Entschuldung“ dazu — davon werden also nur 329 Millonen wirklich zur Senkung der Schuldenlast eingesetzt. Trotz alledem steigt der Anteil, den Bremen von seinen Einnahmen für Zinsen an die Banken zahlen muß, von 27,3 (1993) auf 27,6 (1994) Prozent. „Die Koalition hat noch nicht erreicht, was sie sich vorgenommen hat“, meinte Kröning.

Um so wichtiger sind für den Finanzsenator die strukturellen Sparbemühungen. Uni und Hochschule sollen ihre Personalmittel selbstverantwortlich bewirtschaften; Rechenzentrum, Hochbauamt und weitere Einrichtungen sollen „Eigenbetriebe“ werden; die im August vom Senat beratene „Giftliste“ an Einsparungen müsse erbracht werden — oder Ersatz für die Summen. „Finanzielle Reserven sind nicht vorhanden“, meinte Finanzsenator Volker Kröning. K.W.

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