■ Däubler-Gmelin kapituliert mit einer Offensive
: Ämterschacher zum x-ten

Die Frau hat Chuzpe, so könnte man meinen. Herta Däubler-Gmelin, seit Monaten als Kandidatin ihrer Partei für das Bundesverfassungsgericht von der CDU heftigst befehdet, setzt der ganzen Kritik an ihrer vermeintlichen Politiklastigkeit noch eins drauf und bewirbt sich mal eben um den Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden. Wenn innerhalb der CDU noch irgend jemand Zweifel an der harten ablehnenden Haltung des Bundeskanzlers zur Kandidatin hegte, er wird jetzt vollends verstummen. Mit ihrem provokanten Schritt hat Herta Däubler-Gmelin die Reihen ihrer christdemokratischen Wählerschar geschlossen gegen sich. Nun scheinen die Fronten entgültig verhärtet, eine Regelung, die notgedrungen nur konsensuell erzielt werden kann, in weite Ferne gerückt.

Jedoch, es scheint nur so. Tatsächlich verbirgt sich hinter Däubler-Gmelins Bewerbung um das zweithöchste Parteiamt weniger ein Seitenhieb auf die CDU als vielmehr die Einsicht in die Perspektivlosigkeit der bisherigen Strategie der SPD, die Besetzung der Mahrenholz-Nachfolge durchzusetzen. Wenn es um die Finessen der Personalpolitik und der Ämterpatronage geht, hat die CDU der SPD allemal noch einiges voraus. Die Christdemokraten haben erfolgreich blockiert. Die Aussicht, im kommenden Jahr, wenn Verfassungsrichterposten von der CDU zu besetzen sind, im Tauschgeschäft vielleicht zum Zuge zu kommen, müssen der SPD-Politikerin zu vage erschienen sein, um im Gegenzug politische Abstinenz zu üben.

Jetzt wird die SPD-Spitze erneut mit dem Vorwurf zu kämpfen haben, eine ihrer Führungsfiguren in einer absehbar aussichtslosen Auseinandersetzung zu verheizen. Däubler-Gmelin als Vize-Vorsitzende zu bestätigen, haftet nun der Ruch der Kompensation für diese Unbill an.

Die SPD ist in der Auseinandersetzung um das Richteramt der CDU vor allem unterlegen, weil es auch ihr nur um Personalien und nicht Prinzipien geht. Damit reduziert die Wahl sich auf das übliche Parteiengeschacher, die politische Dimension des Amtes bleibt wieder einmal ausgeklammert. Eine Veränderung des Wahlmodus wäre längst überfällig. Die Richterernennung sollte nicht länger der Arkanpolitik eines Wahlmännergremiums anheimgestellt bleiben. Noch wesentlicher wäre jedoch Quotierung des Bundesverfassungsgerichtes. Deren Notwendigkeit ist spätestens seit dem Spruch des BVG zum 218 evident, eine Gesetzesinititative zu einer Mindestbesetzung der Senate mit Frauen ist bereits in Arbeit. Die Quoten-Anforderung dann auch zu erfüllen, ist Däubler-Gmelin nicht die einzige kompetente Kandidatin der SPD. Dieter Rulff