: Parlamentarische Tricks gegen Rechts
■ Die Bezirksversammlungen und die Auseinandersetzung mit rechten Wählern
Das Wort des Tages hieß „Demokratie“: In der konstituierenden Sitzung der Bezirksversammlung Mitte wurde es am Donnerstagabend von SPD, CDU und GAL immer wieder benutzt. Der Anlaß: die drei Abgeordneten der Rechtspartei „Die Republikaner“ (Rep), die am 19. September in das Bezirksparlament gewählt worden waren.
„Keine SPD-Hand für Reps“, erklärte Fraktionschef Siegfried Bars und rief: „Pfui gegen diejenigen, die sich hinter Schönhuber scharen.“ Der Vorsitzende der Bezirksversammlung, Helmut Hose (SPD), bat die drei Rep-Abgeordneten vor seiner Wahl sogar erfolgreich, ihn nicht zu wählen. Ansonsten sicherte er ihnen eine „korrekte demokratische Geschäftsführung“ zu.
Fraktionsstatus wurde den Rechtsradikalen nicht eingeräumt. Damit erhalten sie keine zusätzlichen Geldmittel für einen Frak-tionsvorsitzenden und seinen Stellvertreter: Die Mindestanzahl für eine Fraktionsstärke setzten CDU und SPD auf vier Abgeordnete fest – gegen einen Antrag der GAL, die zwei Abgeordnete ausreichend fand. „Nicht, um den Republikanern die Steigbügel zu halten,“ begründete GALier Volker Nienstedt: „Wir fordern diesen Beschluß seit zehn Jahren, damit das demokratische Grundrecht auch kleinen Parteien zugute kommt.“
Währenddessen sperrten Polizeikräfte den Eingang zur Bezirksversammlung ab. „Es war eine unauffällige Polizeipräsenz vereinbart worden,“ protestierte Volker Nienstedt. Vergeblich. Die großen demokratischen Parteien waren mißtrauisch: Nur etwa 30 Mitglieder von „antifaschistischen Gruppen“ waren zur Beobachtung der Sitzung zugelassen. Eine von der GAL zu Beginn beantragte Bürgerfragestunde wurde von SPD und CDU auf den späten Abend verschoben, weil „die Tagesordnung wichtiger ist“. Da war kein Protestbürger mehr anwesend. „Die Betroffenheit war offensichtlich nur Show,“ kommentierte ein SPD-Abgeordneter.
Polizei auch in Bergedorf: Hier wurden sogar Demonstranten vom Eingang des Rathauses weggeprügelt. Die DVU ist mit zwei Abgeordneten in der Bezirksversammlung vertreten. Ähnlich wie im Bezirk Mitte wollen die anderen Parteien die Rechtsaußen auch hier kaltstellen. Für Fraktionen soll die Mindestgröße wieder von zwei auf drei Abgeordnete angehoben werden. Also: mit Geschäftsordnungs-Tricks gegen Rechts.
Nur in Harburg werden die drei Rep-Vertreter einen Fraktionsstatus und damit auch mehr Geld aus der Staatskasse erhalten. Ziehen die Politiker dort eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den rechten Wählern dem billigen Griff in die Trickkiste vor? Volker Nienstedt von der GAL-Mitte greift heftig in die Tasten: „Mehr noch als wir die Republikaner verachten, achten wir die Demokratie und die Menschen, die überhaupt noch zur Wahl gehen.“
Torsten Schubert
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