Müll-Waagen oder Militär-Elektronik?

■ Tagung über Rüstungskonversion in Bremen / Oft wird eher entlassen als umgerüstet

Panzer — wird dieses Eisen nochmal nützlich? Foto: Tristan Vankann

Rüstungskonversion ist ein großes Schlagwort in Bremen, wo ein erheblicher Teil der Industrie von Rüstungsaufträgen abhängig ist. Seitdem die Rüstungsaufträge drastisch zurückgehen, ist aber nur noch von Entlassungen die Rede. Über ihre Schwierigkeiten, durch neue Produkte die Arbeitsplätze zu sichern, berieten ca. 80 Betriebsräte und GewerkschafterInnen am Donnerstag auf einer Tagung der Arbeiterkammer. Carsten Sieling leitete die Tagung.

taz: Heute haben hier den ganzen Tag über Leute aus unterschiedlichen Betrieben über Rüstungskonversion gesprochen. Passiert da auch was, oder wird nur geredet?

Carsten Sieling: Bei Konversion sind in erster Linie die Unternehmen gefordert, die ihre Umstellungsaktivitäten frühzeitig beginnen müssen. Sowas dauert 5 Jahre oder mehr. Es hat 1990 die „Strategische Initiative Umweltschutz“ gegeben, da waren Atlas Elektronik, STN und andere Unternehmen beteiligt, das ist dann fallen gelassen worden und verpufft. Es gibt zudem ein Konversionsprogramm, um Unternehmen zu fördern. 10 Prozent des WAP sollte dafür zur Verfügung stehen, ist einmal gefordert worden, also 30 Millionen im Jahr...

... da war aber nichts drin, in dem Topf...

Es gibt inzwischen sogar einen

hier bitte die

Panzer

Haushaltstitel, aber der wird mit Null Mark angesetzt. In der mittelfristigen Finanzplanung sind jetzt jährlich 10 Millionen Mark angesetzt, ab 1994. Im Haushaltsentwurf des Wirtschaftsressorts stehen davon aber bisher Null. Deputationsvertreter haben hier heute gesagt, nur 6 Millionen seien realistisch. Das sind gerade die Komplementärmittel für EG- Mittel, ein bremischer Eigenbeitrag ist das nicht mehr.

Gibt es Konversionsbeispiele aus Bremer Betrieben, die bekannt geworden sind oder das verdient hätten?

Abgeschlossen ist der Prozeß nirgends. Was wir in den Rüstungsbetrieben bisher vor allem haben, sind Entlassungen. Atlas Elektronik, STN, DST. Die DST hat mehrere Konversionsvorhaben selbst begonnen...

Zum Beispiel?

Zum Beispiel machen die Müll- Wiegesysteme, die codierte Tonne, der Landkreis Osterholz hat das bei DST bestellt...

... aber Bremen nicht.

Genau. Bei DST stehen in größerem Umfang Umstrukturierungen des Unternehmens bevor. Das ist bei Atlas Elektronik oder STN nicht der Fall. Dort werden einige Konversionsprojekte betrieben, Geo-Radar, Autowertstoff-Recycling, aber die binden nur einen ganz geringen Teil der Beschäftigten.

Jemand hat sich hier beschwert, bei den Motorenwer

ken würde die Geschäftsführung Konversionsprojekte behindern oder ganz ablehnen.

Die Geschäftsführung in Bremerhaven will, aber die Mutterfirma ist die Industrie-Verwaltungsgesellschaft IVG. Da gab es ein Projekt, die Verwaltung von Rezepten per Datenverarbeitung zu machen, im Kontext des Gesundheitsstrukturgesetzes. Die Krankenkassen haben das befürwortet, die IVG in Bonn aber hat erklärt: Ihr sollt Schiffe bauen und Motoren, aber nicht Datenverarbeitung.

Waren hier auch Vulkan- Arbeiter, die gestritten haben für den Taiwan-Auftrag?

Es waren hier mehrere Vulkan- Arbeiter, auch Betriebsräte von Atlas und STN, die über den Technologiebereich an diesen Rüstungsaufträgen beteiligt wären, haben hier erklärt, daß sie das nicht für den richtigen Weg halten und das auch ablehnen. Die haben natürlich ihre persönliche Meinung gesagt als Betriebsräte, es gibt da keine Beschlußlagen.

Kann man als Arbeiterkammer bei der gegenwärtigen Beschäftigungslage raten, im Betrieb gegen Rüstungsaufträge aufzutreten?

Wenn es Aufträge im militärischen Bereich gibt, wird jedes Unternehmen da zuschlagen. Das erfordert nicht die Zustimmung des Betriebsrates. Die Betriebsräte sollten sich um eine längerfristige Absicherung von Beschäftigung kümmern.

Also werden Rüstungsaufträge kurzfristig nicht abgelehnt.

Die Betriebsräte brauchen darüber nicht zu entscheiden...

Gibt es einen Betriebrat, der seiner Unternehmensleitung sagt: wir wollen das nicht!?

In dem Zusammenhang sicherlich nicht. Int.: K.W.