Vorschlag

■ United Future Organization im Boogaloo

Wenn sich Japaner der westlichen Kultur annehmen, erschlägt am Ende meistens die Kopie das Original. Sie ist einfach besser. Waren die ersten japanischen Kameras nach dem Krieg noch als Hommage an die Leica gedacht, trägt mittlerweile fast jeder halbwegs funktionstüchtige Fotoapparat das Gütesiegel der aufgehenden Sonne. Das gleiche gilt für Fernsehapparate, Lockenstäbe, Mikrowellen, aber auch Orientteppiche oder Imbißketten. Und jetzt für die Popmusik: Waren nicht schon Yellow Magic Orchestra computerkompatibler als Human League? Shonen Knife die bessere Girlgroup? Und bläst Toshinori Kondo nicht magischer ins Trompetenhorn als Miles Davis? Ängstliche Fragen, die sich im Hinblick auf United Future Organization erübrigen. Denn kein Zweifel – U.F.O. sind das Fluidum des Dance-Jazzfloor, die Jungs mit der definitiv größten Plattensammlung von Cannonball Adderly bis Larry Young.

Dabei gehen die Aktivitäten des DJ- und Remix-Trios weit über die Rettung swingenden Liedguts hinaus. Bei U.F.O. ist gleich die ganze Retro-Kultur gefragt, die sich an BeBop im HipHop-Gewand anschließt: Maßgeschneiderte Yamamoto- Trainingsanzüge und die Camp-Attitüde der Beat-Generation treffen zum Brummton einer Posaune vom Band im richtigen Rhythmus aufeinander. Manchmal keucht auch eine junge Japanerin zum Vibraphon-Sample, während der zugewanderte Franzose Raphael Sebbag als Minister of Voice vom Bewußtseinsschub durch den Kauf einer seiner raren Chet-Baker-Mono-Platten schwärmt. Aber das ist letzten Endes ohne weitere Bedeutung, wenn es auf der Tanzfläche zur Sache geht. Denn das Beatverständnis von U.F.O. baut bei aller Liebe zum vergangenen Schnippschwapp auf zeitgenossensschaftliche Elektronik, die die meisten 7/8-Takte wieder gerade sein läßt, selbst wenn „Upa Neguinho“ zum Klang der Berimbau den Salsa-Gott in dir zu wecken versucht und die Coverversion der Jon Hendrix/Les McCann-Komposition „I'll bet you thought I'd never find you“ schön schwere Tristesse verströmt. Free-Jazz wird endlich heilbar. Vielleicht bringen die gewitzten Japaner ja selbst in dieses Ausdrucks-Kuddelmuddel ein bißchen Ordnung, auch wenn sich Albert Ayler im Grab umdrehen würde, könnte er sein Saxophon-Spiel noch einmal als kurzweiligen Disco-Loop hören. Zappa hat doch Recht: „Jazz is not dead, it just smells funny“ – oder im Sinne von „Eternity“, dem Parfüm von Calvin Klein, nach dem Motto: „Ich wollte einen Duft schaffen für den Mann, der modern lebt und Tradition zu schätzen weiß.“ Harald Fricke

U.F.O.: ab 22 Uhr, im Boogaloo, Brückenstr. 1