Das Gesetz, das gar nix bringt

Experten sind sich einig: Die vom Bundestag nach langem Streit verabschiedete Regelung zum Verbot der Geldwäsche ist eher ein Rückschritt / Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung  ■ Aus Berlin Wolfgang Gast

Selten waren sich die Experten so einig. Das jüngst vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Verbot der Geldwäsche ist das Papier nicht wert, auf dem es demnächst im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Zwei Tage debattierten auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung im Berliner Reichstagsgebäude internationale Fachleute aus Polizeien, Zoll- und Strafverfolgungsbehörden, Banker, Anwälte und Datenschützer – das Urteil hätte kaum vernichtender ausfallen können. Achtzehn Monate wurde das Verbot der Geldwäsche im Bundestag ausgesprochen kontrovers diskutiert. Herausgekommen ist nach der Einigung im Vermittlungsausschuß vor zwei Wochen nun eine Regelung, die aus Sicht der Ermittler eher einen Rückschritt und aus der der Geldinstitute eine kaum umsetzbare Lösung darstellt.

Als Gesetzeslücke macht beispielsweise der Kölner Zollkriminaler Peter Keller das Versäumnis des Gesetzgebers aus, auch Edelmetallhändler oder Versteigerungsinstitute in die Pflicht einer Anzeigenerstattung zu nehmen, wenn sie einen Verdacht auf Geldwäsche feststellen. Auch wenn das Gesetz irgendwann nachgebessert würde, dann kämen auf Versteigerer und Goldhändler nur die Übel zu, die heute schon die Banken plagen. Nach dem Gesetz müssen diese bei Bareinzahlungen über 20.000 DM generell die Identität des Einzahlers erfassen. Und die vom Gesetzgeber gewünschte Form – Kopien der Ausweise – führe, orakelte für den Bundesverband Deutscher Banken Rolfjosef Hamacher, zu einem ungeheuren bürokratischen Aufwand. „Zu wenig“ seien die praktischen Folgen bedacht worden.

Gravierender wird allerdings die im Gesetz vorgeschriebene Mitwirkungspflicht der Banken gewertet. Versäumt wurde nicht nur die Einrichtung einer zentralen Meldestelle (jedes Bundesland hat derzeit andere Zuständigkeiten für die Meldung möglicher Verdachtsfälle). Entscheidender Schwachpunkt ist die Verpflichtung für Bankangestellte, quasi als Hilfssheriffs der Staatsanwälte tätig zu werden und schwarze Schafe unter der Kundschaft zu melden. Daß das Personal dazu kaum in der Lage ist, weiß auch der Frankfurter Oberstaatsanwalt Harald Körner zu berichten. Zwischen März und Oktober haben die Banken seiner Behörde auf freiwilliger Basis 281 Anfragen und Verdachtsfälle angezeigt. 264 davon befaßten sich mit Ausländern. Körner: Die Angestellten melden wohl eher die „unwillkommenen Kunden“.

Auch der hessische Datenschützer, Winfried Hassemer, sieht für seinen Bereich große Lücken im Gesetz. Angesichts der Bonner Pläne für den großen Lauschangriff räumt er aber ein, es sei zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vielleicht doch besser, nur „das Geheimnis des Geldbeutels“ und nicht die ganze Intimsphäre der Menschen aufzuklären.

Das Verbot der Geldwäsche, im Amtsdeutsch „Gewinnaufspürungsgesetz“ genannt, sieht vor, finanzielle Transaktionen bei Verdachtsfällen bis zu 48 Stunden stoppen zu können. In dieser Zeit soll eine Verdachtsmeldung verifiziert werden können.

Was gut klingt, ist nach der Erfahrung des Bundeskriminalers Leo Schuster aber nicht praktikabel. Schuld ist der gesetzlich geforderte „Doppelanfangsverdacht“. Danach müssen die Fahnder dem Staatsanwalt auch mitteilen, welche konkreten Anhaltspunkte sie dafür haben, daß es sich um illegale Geldtransfers handelt. Wo als Ausgangspunkt der Ermittlungen dubiose Geldschiebereien stehen, sei es „nahezu unmöglich“, in der kurzen Zeit den Hintergrund aufzuhellen. Und sollte ein Staatsanwalt tatsächlich einmal ein Geldgeschäft stoppen – wer kommt für den Schaden auf, sollte sich herausstellen, daß es sich um ein legales Warentermingeschäft handelte, das durch den Transferstopp platzen mußte? Schuster rät allen Staatsanwälten zu einer Haftpflichtversicherung. Denn der Gesetzgeber hat für solche Fälle eine Staatshaftung ausgeschlossen.