Denkmalschützer stecken zurück

■ Konzepte gesucht, wie die Karl-Marx-Allee kuriert werden kann

Das Sorgenkind Karl-Marx-Allee in Friedrichshain soll endlich kuriert werden. Stadtplanungs- Staatssekretär Branoner (CDU) wies jetzt die Klagen der Gewerbetreibenden zurück, der Denkmalschutz behindere jede wirtschaftliche Entwicklung der Straße: Es gebe mittlerweile genügend Beispiele dafür, wo Kompromisse erzielt werden konnten. Künftig seien für die Sanierung eines einzigen Quadratmeters denkmalgeschützter Fliesenfassade keine 2.500 Mark mehr aufzubringen, wie noch beim Pilotprojekt gegenüber dem Kino Kosmos. Insgesamt nämlich müssen 50.000 m2 Fassade dringend instand gesetzt werden. Um alle Häuser zu sanieren, rechnet die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) mit einer Milliarde Mark Gesamtkosten.

Von den 160 Läden mit einer Gesamtfläche von nur 20.000 m2 sind nach Auskunft der WBF zwar alle vermietet. Doch viele Geschäfte stehen leer. Manche zahlen lieber die Miete und warten auf bessere Zeiten: Das fehlende „Hinterland“ der Straße mit ihren gerade mal 15.000 Einwohnern, meist älteren Menschen, wird auch mittelfristig kaum die nötige Kaufkraft liefern. Deshalb haben auch in einem weiteren Punkt die Denkmalschützer eingelenkt: Die Läden mit ihren unwirtschaftlichen Grundrissen, ihrer geringen Tiefe und ihren langgestreckten, repräsentativen Schaufensterfronten dürfen zukünftig geteilt werden. So könnten sie durch rückwärtige Anbauten punktuell ergänzt und von hinten erschlossen werden.

Einstweilen wird sich wohl nur wenig am desolaten Erscheinungsbild des vom Verkehrslärm geplagten Straßenzuges ändern. Es gibt nur wenig Grün, kaum Spielplätze, einen zerlöcherten Radweg, dafür aber 60.000 Autos pro Tag. Ob eine von drei Spuren in jeder Richtung als Parkspur ausgewiesen wird, wie es Gewerbetreibende, Bezirksamt und Stadtentwickler aus dem Hause Hassemer schon seit langem fordern, ist noch offen. Der Verkehrssenator sieht das erwartungsgemäß anders. Bis November jedenfalls will Branoner ein langfristiges Konzept vorgelegt haben. Friedrichshains parteilose Baustadträtin Albinus möchte dem schon einmal mit 50 Millionen Mark vorgreifen, die für Gehwege, Bänke, Beleuchtung oder neue Übergänge aufgewendet werden müßten. Für einen der markanten Türme am Frankfurter Tor hat sie schon einen Investor an der Hand. Beim Kino Kosmos soll der Umbau im kommenden Frühjahr beginnen. Der Hauptsaal mit seinen 800 Plätzen bleibt unangetastet, während sich sieben neue Kinos um das Halbrund gruppieren werden. Florian Bungart