Tunnelplanung: Alles auf einen Streich

■ Senat beabsichtigt ein Planfeststellungsverfahren für alle drei Tiergarten-Tunnel / BUND droht mit Gericht

Der Senat beabsichtigt offenbar, für die unter dem Tiergarten geplanten drei Tunnelröhren für Autoverkehr sowie für Eisenbahn und U-Bahn nur ein einziges Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Dagegen will der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) mit gerichtlichen Schritten vorgehen. In diesem Falle verlöre der Umweltverband nämlich das vom Berliner Naturschutzgesetz vorgesehene Recht auf eine Verbandsklage gegen U-Bahn- und Straßentunnel.

Außerdem hätte ein einheitliches Verfahren einen höheren Aufwand zur Folge, weil Verbände und Betroffene „innerhalb sehr kurzer Zeit zu sämtlichen Fragen“ Stellung nehmen müßten. In einem von BUND, der Baumschutzgemeinschaft Berlin und der Bürgerinitiative Westtangente in Auftrag gegebenen Gutachten heißt es darüber hinaus, daß das vom Senat angestrebte Planfeststellungsverfahren unzulässig sei.

Der Senat ist dagegen anderer Ansicht. Ein von verschiedenen Verwaltungen beauftragter Gutachter kommt zu dem Schluß, daß ein gemeinsames Verfahren zulässig sei, weil die drei Tunnel – auf den Bau des S-Bahn-Tunnels wird inzwischen verzichtet (die taz berichtete) – zur gleichen Zeit und nah beieinander realisiert würden. Außerdem bestehe zwischen den einzelnen Bauwerken Koordinierungsbedarf.

Bei einem gemeinsamen Verfahren würde das Land Berlin die Planungshoheit bei U-Bahn- und Straßentunnel an den Bund übertragen, der von der Deutschen Reichsbahn (DR) vertreten wird. Im Gegensatz zu Projekten des Landes haben Umweltverbände bei Bundesvorhaben kein Verbandsklagerecht.

Doch die Auslegung des Senats- Gutachters stehe nicht im Einklang mit der üblichen Rechtsauffassung, meint die von den Bürgerinitiativen beauftragte Kanzlei Gaßner, Groth & Siederer. Das Bundesverwaltungsgericht halte ein gemeinsames Planungsverfahren nur in dem Fall für erlaubt, wenn die einzelnen Projekte nicht sinnvoll getrennt werden könnten. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn sich die Bauvorhaben zumindest in Teilbereichen überschneiden und dort denselben Raum in Anspruch nehmen, schreiben die auf Umweltfragen spezialisierten Anwälte. Bei den parallel verlaufenden Tunneln seien diese Voraussetzungen nicht gegeben.

Rechtsanwalt Wolfgang Siederer vermutet, daß mit einem vereinheitlichten Verfahren nicht nur Zeit gespart soll, sondern man „zugleich mißliebige mögliche Kläger“ loswerden wolle. Sollten diese Gründe für das gemeinsame Planfeststellungsverfahren eine Rolle gespielt haben, sei dies „unzweifelhaft rechtsmißbräuchlich“. Nach dem bisherigen Erkenntnisstand sei eine Zusammenführung der Planverfahren weder erforderlich noch zulässig. Sollten die Verwaltungen an ihren Plänen festhalten, kündigte BUND-Vorsitzende Annette Nawrath an, „werden wir unsere Rechte notfalls mit Hilfe der Gerichte erzwingen“. Dirk Wildt