■ Das Portrait
: Alexej Kasannik

Unter Spezialisten für Umweltrecht ist der neuernannte russische Generalstaatsanwalt Alexej Kasannik (51) kein Unbekannter. Der Ukrainer unterrichtete lange Jahre an der Universität im sibirischen Omsk Staatsrecht und internationales Recht. Nachdem er 1979 in einer öffentlichen Vorlesung den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan als Verbrechen bezeichnet hatte, war ihm bis 1984 die Lehrerlaubnis entzogen worden. Kasannik nutzte die Zwangspause, um sich gründlich in Fragen des Umweltrechts einzuarbeiten.

1988 zog Kasannik die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Als Volksdeputierter in den Obersten Sowjet gewählt, verzichtete er zugunsten des Volksdeputierten Boris Jelzin auf seinen Sitz. Genau das hatte Michail Gorbatschow durch Geschäftsordnungstricks zu verhindern versucht. – Danach wurde es still um Kasannik. Er schlug mehrere Angebote zur Übernahme hoher Regierungsfunktionen aus. Statt dessen zog er es vor, in Omsk einen vergleichsweise unbedeutenden Posten in der Bezirksverwaltung zu übernehmen: Er wurde Vorsitzender des Ausschusses für Religionen und Nationalitäten.

Jelzins Generalstaatsanwalt Foto: Bernhard Clasen

In den Jahren von Glasnost und Perestroika hatte Kasannik eine Umweltgesetzgebung eingefordert, die diesen Namen auch verdient. Als Fachmann für Umweltrecht war er häufiger Gast bei Veranstaltungen im Westen. Dabei machte er immer wieder auf die Umweltkatastrophe am Baikal und das sinnlose Abholzen der sibirischen Wälder aufmerksam. Als Befürworter der Öffnung Rußlands warnte er gleichzeitig davor, daß diese Öffnung nicht von westlichen Fimen mißbraucht werden dürfe, um in Rußland umweltfeindliche Großprojekte zu bauen, die im Westen schon lange nicht mehr erlaubt seien.

Vor dem Hintergrund fortschreitender Umweltzerstörung, dem geplanten Bau von 33 weiteren russischen Atomkraftwerken, der möglichen Wiederaufnahme der Atomtests bleibt abzuwarten, welche Rolle Kasannik nun spielen wird und wie sich insbesondere sein Verhältnis zu Jelzins erstarktem Bündnispartner und Umweltverschmutzer Nummer1, dem russischen Militär, gestalten wird. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Anklageerhebung gegen Alexander Ruzkoi und Ruslan Chasbulatow. Bernhard Clasen