Klar und Dellwo zerstritten

■ Brief von Klar belegt den Bruch

Berlin (taz) – Der Bruch zwischen einzelnen der RAF-Gefangenen ist endgültig. Das geht aus einem Brief des in Bruchsal inhaftierten Christian Klar an Karl- Heinz Dellwo hervor.

Christian Klar, der Ende letzten Jahres in Stuttgart-Stammheim aufgrund der Aussagen der in der DDR festgenommen RAF-Aussteigern erneut zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, beschuldigt in seinem Schreiben vom 22. August insbesondere die in Celle einsitzenden Gefangenen Karl-Heinz Dellwo und Lutz Taufer, unter der Überschrift „politische Diskussion“ lediglich „wortreiche Beschimpfungen“ gegen andere Gefangene „loszulassen“.

Indirekt wirft Klar den Celler Gefangenen im Zusammenhang mit der letztjährigen Initiative für eine vorzeitige Haftentlassung einzelner RAF-Gefangener auch eine Kooperation mit staatlichen Stellen vor. Klar: „Schon sind Kinkel, Alm-Merk [die Justizministerin in Niedersachsen, d. Red.] usw. dabei, ihrer Sache eine Neuauflage zu verschaffen. Das müßte kein besonderes Problem sein, wenn sie nicht einen Fuß bei den Gefangenen (...) drin halten.“

Taufer und Dellwo, die die über 20jährige Geschichte der Roten Armee Fraktion bislang am kritischsten öffentlich hinterfragt haben, hält Klar weiter vor, es sei ihnen in den vergangenen Diskussionen „von Anfang an nur um die Suche nach einem Platz im neuen Reich“ gegangen. „Die Beziehungen sind zerstört“, stellt er fest, „das Wer-kommt-noch-durch- Zeitalter ist eröffnet.“ Eine revolutionäre Bewegung, „die noch mal heilend eingreifen könnte, ist nicht in Sicht“.

Eine deutliche Absage erteilt Christian Klar auch der politischen Neuorientierung der RAF, die diese mit ihrer Deeskalationserklärung vom 10. April 1992 formuliert hat. „Peinlich opportunistisch“ nennt er ein RAF-Papier aus dem August letzten Jahres – er sehe den „Verkauf von mit dem Leben vieler Kämpfer mal eroberten politischen Bewußtseins“ voraus.

Zum Ende seines dreiseitigen Briefes fordert Klar Dellwo auf: „Kennzeichnet eigene Initiativen zukünftig als solche, behauptet nicht Einheit da, wo es sie nicht mehr gibt.“

Klars Brief wurde am 14. September vom Justizministerium Baden-Württemberg an das Stuttgarter Landeskriminalamt übermittelt. In einer internen Bewertung des Bundeskriminalamtes heißt es dazu: Das Schreiben belege, „daß es nach einem schon länger schwelenden Konflikt nun zu einem endgültigen Bruch zwischen den Celler Gefangenen und Klar gekommen ist“. Wolfgang Gast