Demonstration für Möllers Freilassung

■ Grüße über Lübecker Knastmauer

Lübeck (taz) – Etwa tausend Menschen demonstrierten am Samstag in Lübeck für die Freilassung der seit 21 Jahren inhaftierten RAF-Gefangenen Irmgard Möller. Aufgerufen hatte ein Solidaritätskomitee für die politischen Gefangenen – ein Bündnis von über 50 Gruppen und Einzelpersonen aus der gesamten Bundesrepublik. Auf einem Marsch durch die schleswig-holsteinische Hansestadt und einer anschließenden Kundgebung forderten die DemonstrantInnen auch die sofortige Einstellung der „Kronzeugenprozesse“ und die Zusammenlegung aller politischen Gefangenen. Sprechchöre riefen immer wieder: „Isohaft ist Folter, Isohaft ist Mord – Freiheit für Irmgard sofort.“

Die 46jährige Irmgard Möller wurde wegen Beteiligung am Anschlag auf das US-Hauptquartier in Heidelberg, bei dem drei Menschen starben, zu lebenslanger Haft und 15 Jahren verurteilt. Das Attentat galt dem Computer, der die Angriffe der US Army auf die vietnamesische Zivilbevölkerung koordinierte. Anfang November entscheidet nun das Lübecker Landgericht über eine vorzeitige Entlassung der am längsten inhaftierten Frau Deutschlands. Auch kirchliche und gewerkschaftliche Organisationen setzen sich für ihre Freilassung ein.

In einem Redebeitrag wies die ehemalige Gefangene Gabriele Rollnick auf die angeschlagene gesundheitliche Situation Möllers hin. „Ihr Kreislauf ist labil, die Schilddrüse arbeitet fehlerhaft, ihr Immunsystem ist angegriffen.“ Viele Menschen gaben ihrer Befürchtung Ausdruck, daß die Justiz die Haftdauer von Möller als Meßlatte für die anderen RAF-Gefangenen gebrauchen will. „Damit jeder weiß: Unter zwanzig oder dreißig Jahren geht nichts mehr.“

Nach der Kundgebung zogen die Demonstranten vor die Lübecker Justizvollzugsanstalt „Lauerhof“. Dort riefen sie Irmgard Möller Grüße zu, die auch von mehreren Gefangenen beantwortet wurden. Nach Polizeiangaben endete die Demonstration am späten Nachmittag ohne nennenswerte Zwischenfälle. Torsten Schubert