■ Gastkommentar
: Stadtfeindlich

Beginnt nun endlich die neue Zeit? Geht es aufwärts in Richtung Metropole? Die Grundsteinlegung am Potsdamer Platz ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer auf Realitätsgerechtigkeit und Folgen abzuschätzen. Zweierlei sollte dazu doch gesagt werden.

Das erste ist: Der Tag der Grundsteinlegung ist kein guter Tag für Berlin. Das wirtschaftspolitische Denken, das dem Projekt Debis/ Daimler-Benz zugrunde liegt, stammt noch aus der Vorwendezeit. Daß dieser Ansatz, ein ganzes Stadtviertel aus einer Hand zu errichten, durchgezogen worden ist, ist eine Niederlage der wirtschaftspolitischen und stadtplanerischen Vernunft. Statt vieler möglicher kleinerer Investoren haben wir drei ganz große (Debis, Sony, ABB). Wofür Grundstein gelegt wird, ist das Stadtfeindlichste, was man bauen kann, ein trotz gegenteiliger Behauptungen reines tertiäres Zentrum. Und dies schließlich an einem Ort, der als Citystandort ungeeignet ist und den wirklichen Standorten nur schaden kann.

Das zweite: Nachdem Olympia 2000, Gott sei Dank, in Sydney stattfindet und der Regierungsumzug von Bonn nach Berlin weiterhin verzögert wird, scheint jetzt wirklich etwas zu passieren. Aber was passiert? Es gibt ein verdächtiges Übergewicht an Semantik, fertige Pläne (was wenig kostet und zu nichts verpflichtet), ostentative, von der Baulogistik her unnötige Geländevorbereitungen. Sprengung des Bellevue-Towers am Tag vor der Grundsteinlegung – das ist allzu offensichtlich Inszenierung. Daimler agiert hier als Developer. Ob der Bauherr Daimler-Benz, Tishman & Speyer, Roland Ernst oder Klingbeil heißt, ist so vollkommen gleichgültig. Was wirklich gebaut wird, entscheidet also der Markt. Da sind die Berliner Aussichten, wie überall sonst auch, wenig rosig.

Was sagt uns also die gestrige Grundsteinlegung? Sie sagt: Wir tun, was wir können. Wenn Debis nachher nicht baut, dann liegt das nicht daran, daß die Firma Daimler-Benz im Autogeschäft Miese macht und Büroflächen in Berlin nicht mehr zu vermieten sind, sondern daß der Senat mit seinen versprochenen Vorleistungen nicht rüberkommt. Man weiß: Ohne den Tunnel kommt man in die Mercedes-City nicht hinein. Und der Tunnel... Dieter Hoffmann-Axthelm

Der Autor ist Architekturhistoriker