■ Die SPD und ihre salomonische Entscheidung: Herta Däubler-Gmelin und Heidi Wieczorek-Zeul im Parteivorsitz
: Zwei Frauen spielen zweite Geige

Herta Däubler-Gmelin war zuletzt ins Schlittern geraten. Nachdem sie als Fraktionsvorsitzende gegen Hans-Ulrich Klose unterlegen war, versuchte sie aus der Politik in das Amt einer Verfassungsrichterin zu flüchten. Dabei ging es nicht ganz fein zu. Ein Bewerber und eine Bewerberin mußten für sie das Feld räumen. Ob der Sprung aus der Parteipolitik in das Verfassungsorgan, auch wenn er üblich ist, so angemessen ist, bleibt eine weitere Frage. Doch daß diese Flucht gelungen wäre, da war die CDU vor und erneut Däubler-Gmelins eigene Partei. Im Namen einer ungeeigneten politischen Exponiertheit der Kandidatin exponierte sich die CDU selbst – machtpolitisch. Und obwohl es um nichts als Politik ging, rangelte die SPD um Personalgeschäfte. So wurde Herta Däubler- Gmelin erneut beiseite geschafft.

Bevor sie nun endgültig von der öffentlichen Bühne zu verschwinden drohte, trat sie die Flucht rückwärts wieder nach vorn in die Politik an. Nur im Märchen wäre zu glauben, das stärke ihre Kandidatur für Karlsruhe. Däubler-Gmelin entschied sich für die Wiederaufnahme einer politischen Karriere. Und das ist richtig so. Es ist Ergebnis ihres Dilemmas, aber auch ärmlich, daß sie dabei erneut eine andere Frau ausstechen mußte. Heidi Wieczorek-Zeul war aus dem Wettbewerb um den Parteivorsitz gestärkt hervorgegangen, hatte stets klar auf Parteikarriere gesetzt und beanspruchte mit der Funktion einer Stellvertreterin zu Recht mehr Macht. Eine Absprache, sogar ein gemeinsames offensives Konzept der beiden wäre möglich gewesen.

Die Kandidatur gegen einen der stellvertretenden Männer wurde wie schon 1989 beim Münsteraner Parteitag nicht gewagt. Damals wurde das Problem durch einen zusätzlichen vierten Stellvertretungsposten für Däubler-Gmelin gelöst. Johannes Rau könnte seine Rolle auch als Ehrenvorsitzender ausüben. Vielleicht erwiese der sich gar als so nobel wie Jürgen Schmude, der zugunsten einer Frau freiwillig verzichtete.

Gegen eine Frau zu kandidieren und den Männern die Wahl im Zweifel des für sie kleineren Übels zu überlassen, scheint immer noch einfacher. Doch begrüßenswert an diesem Vorgang ist, daß Frauen sich nun in offener Konkurrenz gegenüberstanden, mehr als nur biologische Frauen sein dürfen und der Kampf um unterschiedliche Qualitäten und Positionen ausgetragen werden kann.

Der Parteivorstand zeigte sich diesmal bedacht und lernfähig. Er beließ es nicht dabei, die Kandidatinnen gegeneinanderzustellen und entschied sich für die pragmatische Lösung eines fünften Stellvertretungspostens. Zwar bleibt es bei der zweiten Geige, die aber immerhin zwei Frauen spielen dürfen. Mechtild Jansen

Freie Journalistin in Köln