Hamas verhandlungsbereit?

Israelische Regierung debattiert über angebliche Offerte der Islamisten / Faisal Husseini und Israels Polizeiminister reden über die Zukunft der Palästinenser in Ost-Jerusalem  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die islamistische Hamas-Bewegung in den von Israel besetzten Gebieten soll angeboten haben, sich an den Autonomieverhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis zu beteiligen. Nach Informationen aus israelischen Regierungskreisen sollen die Islamisten als Voraussetzung für entsprechende Gespräche einen „Waffenstillstand“ zwischen Hamas und den israelischen Militärs gefordert haben. Das israelische Kabinett befaßte sich am Sonntag mit der angeblichen Offerte.

Nach Angaben des israelischen Gesundheitsministers Haim Ramon begrüßte die israelische Regierung das Hamas-Angebot. Ramon unterhielt in den letzten Wochen im Auftrag von Regierungschef Jitzhak Rabin inoffizielle Kontakte zur Führung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und anderen arabischen Gesprächspartnern. Hamas soll gefordert haben, entsprechend ihrem Einfluß in den besetzten Gebieten an allen wichtigen Funktionen der noch zu gründenden palästinensischen Selbstverwaltungsbehörden beteiligt zu werden.

Die israelische Regierung will die Vorschläge in den nächsten Tagen mit der PLO-Führung bereden. Eine Beteiligung von Hamas an der Autonomieverwaltung würde die palästinensischen Gegner des „Gaza-Jericho-Abkommens“ stark schwächen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Vorschläge tatsächlich authentisch sind und ob sie von allen Hamas- Gruppierungen getragen werden. Ein Hamas-Sprecher namens Abdel Asis Rantisi bestritt gestern in einem Telefoninterview des israelischen Rundfunks entsprechende Angebote seiner Organisation.

Der israelische Außenminister Shimon Peres forderte am Sonntag Hamas auf, „kompromißlos gegen Terror und Terroristen“ vorzugehen, „so wie es PLO-Chef Arafat getan hat“. Für diesen Fall werde Israel erwägen, die Verfolgung gesuchter Hamas-Leute einzustellen.

In Jerusalem trafen sich am Sonntag der Palästinenservertreter Faisal Husseini und der israelische Polizeiminister Mosche Schachal. Sie besprachen Erleichterungen für die Palästinenser in der Westbank und im Gazastreifen beim Zugang nach Jerusalem. Seit mehr als einem halben Jahr besteht für sie eine Art Blockade der Stadt. Von der Westbank dürfen nur solche Palästinenser nach Jerusalem reisen, die eine Sondergenehmigung der israelischen Besatzungsbehörde vorweisen können.

Nach israelischer Darstellung erklärte sich Schachal gegenüber Husseini bereit, die Frage der „Einreiseerlaubnis“ zu überprüfen, weigerte sich jedoch, andere Themen zu besprechen. Vor allem lehnte er es ab, über die Nichtverfolgung der von israelischen Behörden gesuchten Palästinenser zu verhandeln.

Laut Angaben aus palästinensischen Kreisen wurde auch über die Zukunft der Palästinenser in Ost- Jerusalem und ihrer dortigen Institutionen geredet. Nach dem „Gaza-Jericho-Abkommen“ bleiben sie von der Teilautonomie ausgeschlossen. Ihr Verhältnis zu den zukünftigen palästinensischen Selbstverwaltungsbehörden wird möglicherweise bei weiteren Zusammenkünften auf halboffizieller Ebene diskutiert werden.

Israels stellvertretender Außenminister Jossi Beilin kündigte gestern an, seine Regierung werde bald diplomatische Beziehungen zu Marokko und Tunesien aufnehmen. Anschließend reiste er nach Tunis ab, wo die nächste Runde der multilateralen Nahost-Gespräche stattfindet.