Minister trat zurück

■ Italien im Streit um die Privatisierung

Berlin/Rom (taz/AFP) – Der italienische Industrieminister Paolo Savona ist am Sonntag zurückgetreten. Anlaß ist ein Streit zwischen Savona und Romano Prodi, dem Präsidenten des größten staatlichen Konzerns IRI, über die Privatisierung der italienischen Staatsfirmen. Savona hatte Prodi vorgeworfen, bei der laufenden Privatisierung der IRI-Töchter Credito Italiano und Banca Comerciale Zeit zu vergeuden.

Über den richtigen Weg zur Privatisierung der maroden Staatskonzerne wird in Italien schon seit längerem gestritten: Prodi steht für eine breite Streuung der Aktien unter das Volk; dazu will er die Staatsfirmen in „öffentliche Gesellschaften“ umwandeln. Savona, Mitglied der industrienahen Republikanischen Partei, will dagegen die Konzerne an wenige kapitalkräftige Unternehmen verkaufen – für die in Italien vor allem die Familien Agnelli (Fiat), Berlusconi (Medien) und De Benedetti (Computer) stehen. Die „öffentlichen Gesellschaften“ würden nach Auffassung der Republikanischen Partei nur dazu dienen, das alte Management der Staatsunternehmen im Amt zu halten. Savona und seiner Partei bläst jedoch der Wind ins Gesicht, seit sich in Italien der Mittelstand zurückmeldet, der natürlich eine weitere Unternehmenskonzentration in den Händen der großen Industriellenfamilien verhindern möchte. Jetzt stellte sich auch noch Ministerpräsident Carlo Ciampi hinter IRI-Chef Prodi und seine Strategie der „öffentlichen Gesellschaften“.

Gestern nachmittag wurde in Rom dennoch hektisch darüber verhandelt, den Riß zwischen den Privatisierern zu kitten. Regierungschef Ciampi hat ein starkes Interesse daran, Savona in seinem Kabinett zu halten. Denn der gilt als einer der größten und international anerkannten Wirtschaftsexperten Italiens. Sein Rücktritt aus fachlichen Gründen wäre dem Prestige Ciampis äußerst abträglich, da dieser gerade durch sein Expertenkabinett zu glänzen versucht. lieb