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„Für die Ehre des Soldatentums“

■ Ende der Woche findet in Celle das „Bundestreffen der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ statt

Hannover (taz) – Die hochdekorierten Herren sind nicht mehr die Jüngsten, doch eine Militärkapelle hilft ihnen allemal noch auf die Beine. Am Samstag spielt ihrem „Bundestreffen“ in Celle die „Tanzbesetzung der Combo des Heeresmusikzuges 3“ auf, und schon am Freitag, dem 16. Oktober, werden der ganze Musikzug und dazu eine Ehrenformation der Bundeswehr in Reih' und Glied am Celler Ehrenmal aufziehen, wenn dort das Bundestreffen der Ordensgemeinschaft seinem feierlichen Höhepunkt zustrebt. Den Orden allerdings, der die betagten Kämpfer des Zweiten Weltkrieges zur Gemeinschaft eint, dürfen diese in der Öffentlichkeit nur von der Rückseite zeigen, denn die Vorderseite zeigt ein Hakenkreuz.

Die „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ hat von Donnerstag bis Sonntag zu ihrem Bundestreffen nach Celle geladen, und erwartet werden in der niedersächsischen Stadt etwa dreihundert Träger des höchsten im Zweiten Weltkrieg vergebenen Ordens. Über die Verleihung des Ritterkreuzes, das im September 1939 als neue höchste Ordensklasse eingeführt wurde, hatte Adolf Hitler als Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht persönlich zu entscheiden. Es war ein Orden der Elite. Von 15 Millionen Wehrmachtsangehörigen haben ihn 7.300 erhalten, und etwa 900 sind noch heute Mitglieder der Ordensgemeinschaft, halten es für notwendig, „der Wahrhaftigkeit der Vergangenheit die Ehre zu geben und die Treue zu halten“, wie es etwa im Mitteilungblatt der Ordensgemeinschaft heißt. Dort findet sich das Deutschlandlied in allen drei Strophen. Dort will man „für die Ehre des deutschen Soldatentums wirken“, will „die Leistungen der Wehrmacht“ im Zweiten Weltkrieg nicht übergangen sehen, dort stellt man heute noch die Schuld Deutschlands am Zweite Weltkrieg in Frage. So paßt es denn auch, daß die Gedenkfeier am Celler Ehrenmal just auf den 16. Oktober fällt, auf das Datum, an dem im Jahre 1946 die deutschen kommandierenden Generäle Jodel und Keitel nach ihrer Verurteilung als Kriegsverbrecher hingerichtet wurden.

Dem Celler Ehrenmal, das bis vor kurzem einen nackten Soldaten mit Helm und Schwert darstellte, ist allerdings vor kurzem nächtens seine Waffe abhanden gekommen. Ein „Bündnis gegen das Vergessen“ will am Samstag in der Stadt an der Heide gegen das Bundestreffen der Ewiggestrigen demonstrieren. Das Bündnis wirft der Ordensgemeinschaft vor, revanchistisches Gedankengut zu pflegen — noch heute bezeichnet der Veteranenverein „Ostpreußen, Ostpommern und Schlesien als polnisch besetztes Gebiet“ — und sieht die alten Herren nach lagen Jahren wieder im Aufwind: im neuen „Trend zur Hebung der Kriegsbereitschaft“.

Teil des Bundestreffens ist auch ein Besuch des dortigen Panzerlehrbataillons der Bundeswehr, das keinerlei Berührungsängste zu der Veteranenvereinigung kennt. In der Ordensgemeinschaft würden „soldatische Tugenden wie Treue, Kameradschaft, Tapferkeit und Disziplin tradiert“, sagt etwa der Sprecher des Wehrbereichskommandos II in Hannover und wertet das Wirken der Ordensgemeinschaft als „verdienstvoll in unserem Sinne“. Daß die Bundeswehr die ehemaligen Helden des Zweiten Weltkrieges unterstütze, sei „nicht zu beanstanden“. Der Celler Oberbürgermeister nannte die Träger des Ordens mit dem Hakenkreuz „hochhonorige Persönlichkeiten“. Die Gemeinschaft selbst hat das Bundestreffen nach Celle gelegt, weil ihnen die Auffassungen des dortigen Kommandeurs der 33. Panzerbrigade zusagten: „Ein gesundes inneres Verhältnis zu den soldatischen Vorgenerationen, auch im geistig-moralischen Sinne“, und die „Bereitschaft der Bundeswehr, zu kämpfen, wenn die Wiederherstellung des Friedens dies erfordern“ sollte, hatte jener Brigadegeneral Molsen in der Zeitschrift Das Ritterkreuz eingefordert. Jürgen Voges

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