Afrikanische Herrscher, europäische Wächter

■ Probleme der Wahlbeobachtung in Togo, anläßlich der heutigen Parlamentswahl

Berlin (taz) – „Es hat keinen Sinn, diese Wahl zu beobachten“, erklärte Jimmy Carter, Delegationsleiter der amerikanischen Wahlbeobachter, vor der Präsidentschaftswahl im westafrikanischen Togo Ende August. Amerikaner, Deutsche, Kanadier und Beobachter afrikanischer Staaten zogen sich zurück – nur die Franzosen blieben. Die Wahl wurde für Togo zur Farce: Der langjährige Diktator Gnassingbe Eyadema erhielt 96 Prozent der Stimmmen. Heute sollen in Togo Parlamentswahlen stattfinden. Ob sie demokratischer ausfallen?

Wahlbeobachter brauchen ein Augenmaß, wenn sie in Ländern ohne Erfahrung mit pluralistischen Wahlen arbeiten. Die örtlichen Wahlhelfer sind nicht routiniert, haben manchmal das Wahlgesetz nicht gelesen oder sind in technischen Fragen etwas ungenau. Mal öffnet ein Wahllokal zu spät, mal ist der Vorsitzende des Wahllokals nicht da, mal munkeln Parteienvertreter von Stimmenkauf.

Derartiges fällt dann in die Kategorie „kleinere Unregelmäßigkeiten“, die den Wahlausgang nicht entscheidend beeinflussen. Massiven Betrug dagegen können Wahlbeobachter, die sich nur kurze Zeit im Land aufhalten und am Wahltag vielleicht 15 Wahllokale besuchen, kaum aufdecken. Der läuft hinter den Kulissen ab.

Um so mehr konzentriert sich die Beobachtung inzwischen auf die Wochen vor der Wahl. Gremien wie die Nationale Wahlkommission müssen mit den wichtigsten politischen Kräften des Landes besetzt werden und tatsächlichen Einfluß auf die Organisierung der Wahl nehmen können. Die Wählerregistrierung sowie die ungehinderte Ausgabe von Wahlkarten muß gesichert sein. Ebenso wichtig ist ein fairer Wahlkampf – etwa die gerechte Zuteilung von Sendezeiten in den meist staatlich kontrollierten nationalen Medien an alle politischen Gruppen. Die Regierung muß für eine Atmosphäre ohne Einschüchterung sorgen und die Menschenrechte wahren. Nationale Wahlbeobachter müssen rechtzeitig ernannt und geschult werden – möglichst von internationalen Organisationen. Nicht zuletzt sollen sich die Beobachter frei bewegen können.

Togo war ein schillerndes Beispiel für eine manipulierte Wahl. Die Regierung hatte die Ernennung von 1.100 nationalen Wahlbeobachtern bis zuletzt verhindert, 500.000 Wahlkarten zuviel ausgegeben und die Wahlregister manipuliert.

Aufgrund dieser Erfahrung drohten die Oppositionsparteien zunächst, auch die Parlamentswahl zu boykottieren. Aber auch nachdem Premierminister Koffigoh am 21. September die Überarbeitung des Wahlregisters versprach, blieb unklar, welche Parteien an der heutigen Wahl teilnehmen würden und welche nicht.

Wahlbeobachtung ist in solchen Situationen ein Mittel der Konfliktvermeidung. Allerdings: Der Beschluß der französischen Beobachter der Präsidentschaftswahl, als einzige Delegation trotz der Unregelmäßigkeiten zu bleiben, machte ein weiteres Problem deutlich. Die Franzosen waren in der Mehrzahl Beamte. Sie mußten – das bestätigte einer von ihnen – Sanktionen ihres Arbeitgebers, des französischen Staates, fürchten, hätten sie sich geweigert, die Wahl zu beobachten. Die Deutschen waren zwar ebenfalls weisungsgebunden. Ihr Beschluß, nicht zu beobachten, mußte in Bonn abgesegnet werden. Aber von acht Beobachtern stand nur einer im unmittelbaren Arbeitsverhältnis zu Bonn.

Dennoch: Wie hätten sich die Deutschen verhalten, wenn Bonn ihren Rückzug nicht abgesegnet hätte? Dieses Problem haben US- Wahlbeobachter nicht. Sie sind prinzipiell unabhängig, da sie für Nichtregierungsorganisationen arbeiten. Damit sind sie nicht von Regierungsinteressen abhängig, sondern können ihr Urteil allein an Kriterien der Wahlbeobachtung orientieren. Daniel Stroux