Somalia-Konferenz ohne Somalis

■ Milizenchefs lehnen Treffen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ab / Zusammenkunft findet dennoch statt / Aidid-Verbündete sollen für Freilassung sollen für Freilassung von US-Gefangenem plädieren

Berlin (taz) – Die für den 20. Oktober in Addis Abeba geplante Friedenskonferenz zu Somalia wird ohne somalische Beteiligung stattfinden. In Mogadischu lehnten sowohl Milizenchef Farrah Aidid als auch sein Rivale Ali Mahdi die Bedingungen der Zusammenkunft ab. Aidid erklärte in seinem Untergrundsender, in die Vorbereitung des Treffens hätten auch die somalischen Parteien einbezogen werden müssen: „Es scheint völlig undenkbar, eine neue Initiative zu starten, ohne das somalische Volk und seine Führer zu konsultieren.“ Ali Mahdi forderte in einer Rundfunkansprache die Entwaffnung aller Milizen vor der Einberufung einer Friedenskonferenz. Außerdem müsse ein solches Treffen in Somalia selbst stattfinden.

Mitarbeiter ausländischer Hilfsorganisationen in Mogadischu zeigen für diese Haltung Verständnis. „Es ist unrealistisch zu glauben, die Probleme könnten in Addis in ein paar Tagen gelöst werden. Die UNO hätte sehr viel mehr Überzeugungsarbeit in den Reihen der somalischen Clans leisten müssen“, meint John Kilkenny von der irischen Organisation „Concern“. Für direkte Verhandlungen mit Milizenchef Farrah Aidid spricht sich David Neff von „Care“ aus: „Aidids Waffenstillstandsangebot ist eine Chance, die genutzt werden muß, bevor es zu spät ist.“ Robert Oakley, der US-Sonderbotschafter in Somalia, hat sich bisher geweigert, mit dem Milizenchef zusammenzutreffen. Er fürchtet, daß eine solche Begegnung von Aidid zu „Propagandazwecken“ mißbraucht werden könnte.

Vertreter von Aidids „Somalischer Nationaler Allianz“ (SNA) bedauerten die Absage Oakleys. „Sollte kein Gespräch zustande kommen, gibt es ein ernsthaftes Problem“, erklärte SNA-Sprecher Isse Mohamed Syad. US-Presseberichten zufolge wollen SNA-Repräsentanten Farrah Aidid überzeugen, den als Geisel festgehealtenen US-Hubschrauberpiloten Michael Durant als Zeichen des guten Willens freizulassen.

Die Friedenskonferenz in Addis Abeba, die unter Schirmherrschaft der UNO und der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) stehen soll, wird trotz der Absage der Milizenchefs stattfinden. „Bei dem Treffen soll die Verwirklichung der somalischen Versöhnungskonferenz vom März besprochen werden“, erklärte in Kairo der ägyptische Außenminister Amre Mussa. Ägypten hat derzeit den Vorsitz der OAU inne. An der Konferenz werden UNO-Generalsekretär Butros Ghali, der äygptische Präsident Hosni Mubarak, sein äthiopischer Amtskollege Meles Zenawi, OAU-Generalsekretär Salim Achmed Salim und der Generalsekretär der Arabischen Liga Ismat Abdel-Meguid teilnehmen. Eritreas Präsident Isaias Afwerki hat die UNO aufgefordert, den Staaten der Region ein ausdrückliches Mandat als Mittler im somalischen Krieg zu erteilen. Einige ausländische Helfer in Mogadischu kritisieren dagegen die Entwicklung: „Wenn es schwierig wird, ziehen sich die starken Ländern zurück und überlassen die schmutzige Arbeit den Afrikanern“, meint der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, der anonym bleiben möchte.

Unter Landeskennern und Wissenschaftlern mehren sich unterdessen Forderungen, Somalis unmittelbar in den Prozeß der Stabilisierung des Landes einzubinden. „Berücksichtigt man die Feindseligkeit gegen die UNO, dann ist es dringend notwendig, am Aufbau eines Sicherheitssystems in Somalia somalische Bürger zu beteiligen. Sie müssen auch in jede Entwaffnungsaktion, dem Symbol für die Übertragung von Macht, einbezogen werden“, sagt Pauline Baker vom renommierten Aspen Institut in Washington. Der ehemalige UN-Sonderbotschafter Mohammed Sahnoun fordert, die traditionelle Autorität der Clanältesten wiederherzustellen. „Man muß sich wieder auf die Rolle der Ältesten besinnen und Intellektuelle und Geschäftsleute, die die trennenden Gräben zwischen den Clans überwinden können, stärker berücksichtigen“, erklärte er in einem Interview. sk/bg