Kay Nehm – wer ist das?

■ Bundesregierung schlägt Nehm für den Sessel des Generalbundesanwalts vor

Bonn (taz) – Nach dem Willen der Bundesregierung soll der bisherige Bundesrichter Kay Nehm neuer Generalbundesanwalt werden. Wie gestern aus Regierungskreisen bekannt wurde, sprach sich das Bonner Kabinett unter Vorsitz von Bundeskanzler Kohl für einen entsprechenden Vorschlag von Justizministerin Leutheusser- Schnarrenberger aus. Der 52jährige Experte für Strafrecht soll damit die Nachfolge des seinerzeit geschaßten Alexander von Stahl antreten, nachdem dieser im Zuge der Pannen des Anti-Terror-Einsatzes von Bad Kleinen in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war.

Von Kay Nehm ist bisher kaum etwas an die Öffentlichkeit gelangt. Er selbst verweigert bis zu seiner offiziellen Ernennung den Journalisten beharrlich Interviews. Nicht einmal ein Foto existiert von dem großen Unbekannten. Eines jedoch ist klar: Nehm gilt als Jurist mit Bilderbuchkarriere. Schon seit 13 Jahren ist der aus Schleswig- Holstein stammende Mann in Karlsruhe tätig. In dieser Zeit wirkte er — mit Unterbrechung als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichts — beim Bundesgerichtshof und der Bundesanwaltschaft. Allgemein gilt der Auserkorene als äußerst zurückhaltend, aber als exzellenter Fachmann.

Ein Blick in die Vergangenheit gibt jedoch Anlaß zur Befürchtung, daß mit Kay Nehm ein anderer Wind in der Generalbundesanwaltschaft wehen wird. Während Stahl allgemein als liberal galt, scheint Nehm von den eher repressiven Auffassungen seines Ziehvaters Kurt Rebmann nachhaltig geprägt worden zu sein. Nehm, der seine größten Karrieresprünge in der Ära Rebmann vollbrachte, hatte sich in früheren Vorträgen immer wieder gegen den Ausbau des Datenschutzes zum Nachteil der Ermittlungsbehörden ausgesprochen.

So erklärte er 1984: „Versuchen von Datenschutzbeauftragten und Polizei, unter dem Mantel der Liberalität den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und ohne Rücksicht auf andere gewichtige Interessen im Zweifel für den Beschuldigten freizügig Auskünfte zu geben, wird die Justiz jedoch energisch entgegentreten.“ Nehms Berufung muß noch vom Bundesrat bestätigt werden. Hasso Suliak