Bomben am Strand

■ „Wer befreite Helgoland?“ - ein Dokumentarfilm

In der Lüneburger Heide spielen übende Bundeswehr-Truppen noch immer Krieg, die kleine Insel Helgoland aber ist seit 30 Jahren befriedet. Fast sieben Jahre lang hatte die englische Luftwaffe das Eiland als Zielscheibe für Bombenabwürfe benutzt. Und als Anfang der 50er Jahre die Diskussion um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik hohe Wellen schlug, machten sich im Dezember 1950 zwei Heidelberger Studenten auf, um Helgoland zu entmilitarisieren.

Am 20. Dezember 1950 pflanzten sie als ziviles Zeichen eine Europa-Fahne auf das Inselchen, um es für die Insulaner wieder bewohnbar zu machen. Als der Bremer Filmemacher Thorsten Schmidt vor einigen Jahren die Erinnerungen von René Leudesdorff, der einer der beiden mutigen Studenten war, in die Hände bekam, dachte er sofort an einen Spielfilm. „Ich hätte mir in meinen Zeiten als friedensbewegter Student gewünscht, auf eine solche Idee zu kommen“, sagt der 32jährige Regisseur, der mit Kurt Denzer zusammen den Stoff recherchierte und daraus den Dokumentarfilm Wer befreite Helgoland? machte.

Bei den Nachforschungen in deutschen und britischen Archiven und bei Gesprächen mit Zeitzeugen stellte sich heraus, „daß man bei so einem Thema kein Drehbuch schreiben kann“, so Thorsten Schmidt. Ständig erfuhren die beiden Heimatforscher neue Informationen, ergaben sich weitere Kontakte und Aspekte. Die Spielfilm-Idee wurde bald verworfen, stattdessen erzählen nun Zeitzeugen — wie ein alter Hummerfischer — die ganze Geschichte selbst, ohne daß ein Kommentator aus dem Off in die Geschichte eingreifen muß. Wochenschauberichte werden eingeblendet, die die damalige Sicht der Medien auf die Besetzungsaktion verklaren. Bei den Dreharbeiten verloren die Helgoländer ihre anfängliche Skepsis gegenüber den „jungen Festländern“. Die vertrauliche Atmosphäre ist dem Film anzumerken. Nun sind die Filmemacher mit ihrem 16-mm-Streifen auf „Bädertour“ — Premiere war natürlich auf Helgoland. Im Gemeindesaal — ein Kino gibt es dort nicht mehr — kamen manchem alten Helgoländer die Tränen in die Augen. Am 1. März 1952 wurde Helgoland an die Bewohner zurückgegeben, ein Stückchen Land voller Bombenkrater. Seitdem ist der 1. März der Inselfeiertag. lui

Metropolis, 14., 16. Oktober: 19 Uhr, 18. Oktober: 20 Uhr, heute und Sonntag mit Diskussion mit den Regisseuren