Hamburger Anti-Koalitionsgespräche

Bürgermeister Henning Voscherau steuert hart gegen eine rot-grüne Koalition / Rache an den GenossInnen, die ihn zu Verhandlungen mit den Grünen zwangen  ■ Aus Hamburg Sannah Koch

Tristesse statt Triumph bei Krista Sager, der Fraktionschefin von Hamburgs Grünen: Ob es eine rot-grüne Koalition geben könnte, nuschelte sie gestern zu Beginn der ersten Verhandlungsrunde in die Mikrofone, „das hängt wohl mehr an der SPD als an uns“. Grund für die Moll-Stimmung: Die von Henning Voscherau formulierten Essentials, die der Regierungschef den Grünen am Abend zuvor hatte zustellen lassen. Auf neun Seiten präsentiert er einen Forderungskatalog, den die Hamburger CDU gestern begeistert als den „richtigen Weg“ feierte.

Kein Wunder. Denn die Knackpunkte, die der Bürgermeister dem Koalitionspartner in spe servierte, tragen eine deutliche Botschaft, die da lautet: Rot-grün, mit mir nicht! So listete er penibel all das als unverhandelbar auf, was jenseits der Schmerzgrenze von Hamburgs Grünen liegt.

Fast alle von der GAL ausdrücklich abgelehnten Großprojekte finden sich in dem Katalog unter anderem als unverzichtbar wieder: die Elbtunnelröhre, Hafenerweiterung Altenwerder, Vertiefung der Unter- und Außenelbe, Umgehung Fuhlsbüttel und der Autobahnanschluß für den Flughafen.

Selbst im Dollpunkt Hafenstraße kein Abrücken von der rechtsstaatlichen Beendigung des Projektes. „Ein Umfallen“, so Voscherau, könne ihm nicht zugemutet werden. Einer Abstimmung über die Zukunft der Hafenstraße durch die neue Bürgerschaft – „ohne jeden Fraktionszwang“ – würde er sich aber nicht verwehren. Wen wundert's – ist in dieser Frage die Große Koalition doch ein sicherer Rettungsanker.

Die „politischen Eckpunkte“ – Voscheraus prompter Racheakt für die Abstimmungsniederlage im SPD-Landesvorstand vom vergangenen Freitag. Mit 13 zu 11 Stimmen hatten die GenossInnen den sich sträubenden Stadtchef zu rot- grünen Koalitionsgesprächen verdonnert. Der hatte kein Geheimnis daraus gemacht, daß er ein Regierungsbündnis mit der bürgerlichen Statt Partei anstrebt. Die Parlaments-Newcomer hatte er als die Alternative anzupreisen versucht.

Es folgten heftige Vorwürfe des in seiner Eitelkeit gekränkten Notars. „Eine SPD, die aus Gründen der Rücksichtnahme auf ihre eigene Zerissenheit nur Rot-grün ernsthaft in Erwägung zieht, ist keine Partei mit einem intakten roten Standort mehr, sondern eine Partei, in der es selbst schon flächenhaft Rot-grün statt Rot gibt“, so seine bittere Klage. Und ferner sagte er: „Ihr habt gesagt, der Lotse soll an Bord bleiben, aber nicht mehr den Kurs bestimmen.“

Daß er sich aber das Ruder nicht aus der Hand nehmen läßt, hat Voscherau nun mit seinem Anti-Koalitionspapier bewiesen. Ob er damit, getreu seinem Wahlmotto, das Schiff durch stürmische See bringen wird oder den SPD- Tanker vollends leck geschlagen hat, wird sich in den nächsten Wochen noch erweisen müssen.