„Immer nur von Pannen die Rede“

■ Ex-Generalbundesanwalt Alexander von Stahl kämpft um seine Rehabilitierung

Berlin (taz) – Ein Mann sucht Satisfaktion. Alexander von Stahl, am 12. Juli entlassener Chef der Karlsruher Bundesanwaltschaft, will den Vorwurf des Versagens nicht auf sich sitzen lassen – das mörderische Desaster der GSG-9- Aktion in Bad Kleinen soll nicht auf sein Konto gehen.

Der 55jährige, von Freunden Sascha genannt, hat für die aus seiner Sicht unumgängliche Rehabilitierung teils prominente, teils weniger bekannte Mitstreiter gefunden, vor allem in der eigenen Partei, der FDP. „Bauernopfer der Justizministerin“ lassen diese im Blätterwald verbreiten. Zitiert wird so der rechtspolitische Sprecher der Liberalen, Jörg van Essen. Dessen Meinung teilen die Fraktionsvorsitzenden der FDP in Nordrhein-Westfalen und Baden- Württemberg, Achim Rohde und Walter Döring. Auch der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Werner Hagedorn, plädiert für die Wiedereinsetzung von Stahls, selbes tut der Vorsitzende des Bonner Rechtsausschusses, der CDU- Politiker Horst Eylmann.

Allen voran streitet einer für den so übel Verleumdeten: von Stahl selber. In Hintergrundgesprächen, in Interviews, in Briefen an die diversen Bonner Ausschüsse. Die Botschaft ist stets gleich: „Die Rehabilitierung ist bereits durch den Zwischenbericht der Bundesregierung erfolgt – ohne Wenn und Aber.“ Von den siebzehn im Bericht aufgeführten gravierenden Fehlern „verantworten wir nicht einen“, erklärt der Mann, ganz so als wäre er noch Behördenleiter.

In der Rubrik „Schwachstellen“ des Berichtes über den Bad Kleiner Polizeieinsatz wird tatsächlich weder Name noch Amtsfunktion des Generalbundesanwaltes aufgeführt. Das heißt aber nicht, er hätte nichts zu verantworten. Immerhin war er derjenige, der die Order für den mißglückten „Zugriff“ gab. Erinnert sei auch daran, wie wichtig dem obersten Ankläger die Sache schien: In Vorbereitung der Aktion schaltete von Stahl den zuständigen Abteilungsleiter in seiner Behörde aus, er zog die Sache an sich.

Den medialen Freispruch vor Augen, scheut von Stahl auch glatte Lügen nicht. In der jüngsten Ausgabe der Woche läßt sich der erstaunliche Satz nachlesen: „Die Kinkel-Initiative ist von der Bundesanwaltschaft mit entwickelt und aus Überzeugung getragen worden.“ Das wäre schön gewesen, es hätte vielleicht dazu beitragen können, eine Situation wie die in Bad Kleinen verhindern zu helfen. Tatsächlich sind in seiner Zeit als Generalbundesanwalt die politischen Bemühungen, ein Ende des RAF-Terrorismus zu erreichen, hintertrieben worden.

Daß er gehen mußte, führt von Stahl vor allem auf die Medien zurück: „Es war immer nur von Pannen die Rede, aber keiner konnte Konkretes sagen.“ So sei eine Meinung entstanden und – „dann rast die Herde“. Opfer in Form von Rücktritten und Entlassungen, grübelt von Stahl, „scheinen sogar zum Selbstzweck zu werden“. Selbstzweck? Vor allem die Stahlsche Argumentation. Wolfgang Gast