Elbe wird um 500 Tonnen Ammoniak erleichtert

■ Biologische Kläranlage der Shell AG in Harburg in Betrieb genommen

Sie ist Deutschlands größte Giftbrühe. Die Elbe wurde seit je eher als Verlängerungsarm der industriellen Abwasserkanäle genutzt. Doch nun wird alles anders. „Auf dem Gebiet der Abwasserreinigung gehört Deutschland zur Weltspitze. Seit der neuen deutschen Wasserverordnung von 1986 wurden zur Vermeidung und Klärung von Abwässern mindestens 15 Milliarden Mark investiert“, tönte gestern Bundesumweltminister Klaus Töpfer und nahm zusammen mit Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt gestern die neue Reinigungsanlage für Raffinerie-Abwässer der Deutschen Shell AG in Hamburg-Harburg in Betrieb.

Mit 6,2 Millionen Mark unterstützte das Bundesumweltministerium das insgesamt 28 Millionen teure Projekt des Ölkonzerns. Auf eine an der Technischen Universität Harburg entwickelten Technik zurückgreifend, wurde ein biologisches Reinigungsverfahren erstmals für den Industriebetrieb nutzbar gemacht und technisches Neuland betreten, hob Peter Duncan die Bemühungen der Shell für den Umweltschutz hervor.

In drei Stufen werden dem Abwasser Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Ölbestandteile entzogen. Gerade die „Sulfidoxidation“, bei der in einem sauerstofffreiem Milieu Bakterien aus belebtem Klärschlamm Schwefelwasserstoff mit Hilfe von Nitrat abbauen, ist das Herzstück der Anlage. In der nächsten Stufe werden restliche organische Verbindungen zersetzt, in der dritten wandeln wiederum Bakterien, Ammoniak in für das System wieder verfügbares Nitrat um. Erfolgsbilanz der bis zu 400 Liter Abwasser pro Stunde reinigenden Anlage: Der biologische Sauerstoffbedarf als Maß für die organische Belastung des Abwassers kann um 40 Prozent und der Gehalt an Phenolen bis unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Der Schwebstoffanteil beträgt weniger als fünf Milligramm pro Liter. Außerdem können 400 bis 500 Tonnen des sauerstoffzehrenden Ammoniaks pro Jahr zurückgehalten werden, das entspricht einer Verringerung um 99 Prozent. Durch das neue Verfahren soll zudem weniger Klärschlamm anfallen.

Fritz Vahrenholt, der die Baugenehmigung für die Anlage September 1991 erteilte, machte deutlich, daß dies eine erhebliche Schadstoffminderung sei, man aber die starke Vorbelastung der Elbe nicht vergessen dürfe. Die neue Anlage wird lokal sicherlich den ökologischen Zustand der Elbe verbessern können. Allerdings ist sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Jährlich muß die Elbe 11.000 Tonnen Ammoniak ertragen.

Klaus Baumgardt vom Verein „Rettet die Elbe“ begrüßte den Bau der Kläranlage als „Weg der kleinen Schritte“. Allerdings wirft der Umweltschützer dem Ölkonzern vor: „Daß Shell die Einführung einer biologischen Klärung in 1963 betont, zeigt auch, daß über 30 Jahre ungenügend geklärt worden ist. Die neue Anlage hätte schon wesentlich früher eingeführt werden können“. Jörg-Uwe Kerstein