Aufregung um DDR-Disneyland

■ Trend zu DDR-Nostalgie sorgt bei kleiner Gemeinde für große Verunsicherung / Konzertveranstalter plant angeblich Projekt in ehemaliger NVA-Kaserne

Hoch schlagen die Wogen der DDR-Nostalgie drei Jahre nach dem Zusammenbruch des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden. In dem Dörfchen Prenden bei Bernau schwappten sie fast über, als die 340-Seelen-Gemeinde aus einer Boulevardzeitung von der Idee des Berliner Konzertveranstalters Franz Georgi erfuhr, ein DDR- Disneyland auf dem Gelände der ehemaligen NVA-Kaserne in ihrem Ort zu errichten.

Zu DDR-Zeiten wußten die Anwohner nichts von der Existenz der Kaserne. Absolute Geheimhaltung galt für die „Ausweichsführungsstelle des Nationalen Verteidigungsrates“, die in den 80er Jahren samt Hubschrauberlandeplatz gebaut wurde. Die Führungsspitze um Honecker und Mielke wollte sich im Notfall in den Bunkern tief im märkischen Odersand verstecken.

Der Bürgermeister der Gemeinde, Paul Alesius (SPD), weiß nichts von dem Projekt, mit dem der Geist des DDR-Sozialismus konserviert werden soll, um Touristen anzulocken. „Great“ dagegen fanden Journalisten von der New York Times bis zur Daily Mail die Idee und klopften an des Bürgermeisters Tür.

Der 58jährige Alesius kann sich nicht dafür begeistern, mit 15.000-Volt-Stacheldrahtzaun, Mauer, Wachtürmen und Stasispitzel-Statisten altes DDR-Ambiente aufleben zu lassen. Im Gespräch mit der taz erklärte er seine Ziele: „Wir haben eine Grundsatzentscheidung getroffen, keinen Massentourismus zuzulassen.“ Viel wichtiger als Nostalgie ist ihm die „Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bewahrung des Grundstücks vor Zerstörung“.

Auch der Vorsteher des Bundesvermögensamtes in Frankfurt/ Oder, Christian Zens, erfuhr vom „DDR-Disneyland“ erst aus der Presse. Das einzig Wahre an der Geschichte, so Zens zur taz, sei die Suche nach Käufern für das Gelände, das sich derzeit im Besitz des Bundesvermögensamtes befindet. Bis Februar 1990 nutzte die NVA die Kaserne als Dienststelle, im Oktober '90 ging sie in das Vermögen des Bundesvermögensamtes über. Bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse wurde die Kaserne an eine private Betreibergesellschaft für maximal fünf Jahre zur Zwischennutzung verpachtet. Die Geschäftsführer der Gesellschaft wären berechtigt, Unterverträge abzuschließen, wissen aber ebenfalls nichts von einem DDR- Disneyland. Die Betreiber der Gesellschaft, ein ehemaliger Angehöriger der Bundeswehr und sein Kompagnon, wollen unter anderem einen Gewerbepark und im ehemaligen Stabsgebäude ein Motel errichten.

Die „typische Kasernenanlage mit Unterkunftsgebäuden in Plattenbauweise“ werde eine Reihe von Umbauarbeiten erforderlich machen, so Zens. Das auf dem Gelände befindliche Wasserwerk wurde dem Wasserzweckverband unentgeltlich zur Verfügung gestellt, um die umliegenden Kommunen mit dem Wasser, das eine sehr gute Qualität habe, zu versorgen. Erst im Jahre 1998 soll das Grundstück verkauft werden. Nach Zens' Angaben soll demnächst mit der Renaturierung des Geländes begonnen werden. Georgi dagegen hält an seinem Projekt fest. Nächsten Mittwoch will er angeblich Verträge mit Sponsoren abschließen. Barbara Bollwahn