Mittelbau ohne Halt

■ Den Assistenten wird an der Universität zuerst gekündigt

Hochschulpolitik verquer: Obwohl der Run auf die Universitäten unvermindert anhält, wird beim Lehrpersonal weiter gestrichen. Kaum ein Fachbereich, der nicht von Kürzungen betroffen ist. Schwächstes Glied in der Kette der Hochschulbeschäftigten ist dabei der Mittelbau. Wer als Assistent an der Uni arbeitet, hat lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag von drei Jahren. Im Glücksfall kann er um zwei weitere Jahre, bei einer Habilitationsstelle maximal um drei Jahre verlängert werden. Doch an Verlängerungen ist bei den Personalplanungen von Wissenschaftssenator Erhardt in Zukunft nicht zu denken.

An der Freien Universität Berlin stehen Personalkürzungen von durchschnittlich 20 bis 25 Prozent ins Haus (siehe GrafikI). Auffällig ist dabei die unverhältnismäßig hohe Kürzungsquote bei den Geisteswissenschaften. Sie liegt bei über 35 Prozent im Gegensatz zu knapp 20 Prozent bei den Naturwissenschaften. „Am härtesten werden diese Streichungen die Frauen treffen“, urteilt Larissa Klinzing von der GEW. Denn im geisteswissenschaftlichen Bereich, wo jetzt der Rotstift am härtesten angewendet wird, hatten Frauen noch am ehesten die Chance auf eine Beschäftigung an der Uni.

„Man hätte die Möglichkeit gehabt, grundsätzlich etwas an der Personalstruktur zu ändern. Statt dessen hat man eine von der Streichungslogik geprägte Lösung bevorzugt“, kritisiert die GEW-Vertreterin. Ihre Forderung: „Um den Mittelbau aufzubessern, brauchen wir mehr zeitunabhängige Stellen.“ Dem Mittelbau zugestanden werden, selbständig Lehrveranstaltungen durchzuführen und die Assistentenzeit nicht nur als Durchlaufstation zum Professor zu sehen – das würde sich positiv auf die Lehre an der Uni auswirken.

Das sind Forderungen, die im Bildungsbetrieb der DDR lange Wirklichkeit waren. Doktoranden mit guter didaktischer Ausbildung waren in Dauerpositionen beschäftigt. Doch genau diese Stellen werden jetzt gestrichen. Ursache dafür ist das sogenannte Personalübernahmegesetz, welches den Angestellten einen Arbeitsvertrag auf Basis des Hochschulrahmengesetzes verschaffen soll. Doch für viele bedeutet es lediglich die Arbeitslosigkeit. „Dieses Gesetz ist im Kern ein Kündigungsverfahren“, erbost sich Larissa Klinzing. Alle, die nicht in den Stufenplan passen, stehen auf der Straße. Bisher beträgt der personelle Überhang 1.300 Stellen. Doch wenn in zwei oder drei Jahren die Fristverträge auslaufen, wird diese Zahl weiter steigen.

Einerseits gibt sich die GEW- Verantwortliche Klinzing optimistisch, daß die Erfahrungen des Ostens in Sachen Mittelbau auch in Westdeutschland nicht folgenlos bleiben werden. Andererseits beklagt sie: „Die Betroffenen haben keine Möglichkeit, ihre Erfahrungen weiterzugeben.“

Hella Kloss