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■ Forum Bürgerbewegung gegründetDie Chance liegt im Laboratorium

Wer in der grünen Funktionselite immer noch den Verdacht hatte, mit der neuen Vereinigung „Forum Bürgerbewegung“ könnte ein weiteres Konfliktpotential für die Partei entstehen, kann seine Sorgen beiseite packen. Friedlicher, als die Veranstaltung am Wochenende in den ungemütlichen Räumen der Humboldt-Universität ablief, geht's nicht mehr. Dabei war der Anspruch der Einberufer eigentlich eine Herausforderung sondergleichen. Im Entwurf der politischen Leitsätze des Forum Bürgerbewegung wird von einem Arbeitszusammenhang gesprochen „in dem alle, die an der ökologischen und demokratischen Weiterentwicklung der Gesellschaft mitwirken wollen, ihre Arbeit und ihre Ideen einbringen können. Durch gemeinsame politische Willensbildung sollen sie gestaltend auf die Politik Einfluß nehmen können, ohne sich den Zwängen überkommener Parteistrukturen aussetzen zu müssen.“

Auf dem Programm der Gründungsveranstaltung stand eine Diskussion und Bestandsaufnahme von Defiziten der Bürgerbeteiligung auf zahlreichen Gebieten, die Verabschiedung der Satzung und die Wahl eines ersten Sprecherrates. Doch die Frage nach der künftigen Rolle dieses Forums wurde kaum gestellt, geschweige denn beantwortet. Wird die enge personelle und organisatorische Verflechtung mit der grünen Partei tatsächlich Raum für parteienkritische Positionen und Interventionen lassen, oder wird das Forum zur geduldeten Spielwiese mit einem allzeit präsenten Bauchladenangebot an mehr oder weniger unverbindlichen Empfehlungen in Sachen Demokratie, während die harte Politik nach wie vor in den Hinterzimmern der Staatskanzleien gemacht wird?

Im Moment scheint das Interesse an diesem Unternehmen und die Bereitschaft, es zu unterstützen, noch groß genug zu sein, aber der Kredit wird nicht ewig währen. Das nächste Jahr wird alle Parteien, einschließlich Bündnis 90/Die Grünen, im Profilierungsclinch, in mannigfachen Abgrenzungs- und Annäherungsmanövern sehen. Eigentlich eine ideale Zeit, um den Parteiverdrossenen und kritischen Bürgern die Gelegenheit zu geben, über den populistischen und demagogischen Rand einer Stammtischkritik der Parteien und des politischen Betriebes hinauszukommen. Dazu müßte das Forum Bürgerbewegung jedoch selbstbewußt Schwerpunkte setzen, sich auf die Vorschläge, Positionen und Vertreter einer modernen und intelligenten Parteienkritik beziehen. Da sich momentan nahezu alle Parteien und zahlreiche Funktionäre in Selbstkritik üben, ohne ihren Monopolanspruch auf politische Gestaltung aufzugeben, könnte eine politische Bürgerbewegung an den Halbheiten und Heucheleien dieser Rückzugsgefechte ansetzen, ohne erneut in basisdemokratische Erlösungsträume und Anti-Parteien-Atavismen zurückzufallen.

Auch die erfolgreichen Nutznießer der gegenwärtigen Welle von Politik- und Parteienverdrossenheit, wie die Hamburger Statt Partei, sollten mit ihren ersten Erfahrungen im politischen Betrieb Gehör finden und sich mit Bürgerinitiativen und Vertretern freier Wählergemeinschaften im Rahmen des Forums austauschen können. Weder als Vorfeldorganisation mit langer Leine noch als trotziger und nostalgischer Widerstandsverein wird das Forum Bürgerbewegung eine Chance haben. Wenn es ihm jedoch gelänge, den Raum von Bündnis 90/Die Grünen zum Laboratorium einer Auflockerung und gründlichen Durchmischung der festgefahrenen Parteienlandschaft zu machen, hätte ihre Gründung einen Sinn gehabt. Wolfgang Templin

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