Leises Aufatmen in Bremen

■ Interessentenlösung für Klöckner-Hütte paraphiert

Bremen (taz) – Der Bremer Senat und die 4.600 Beschäftigten der Klöckner-Hütte atmen leise auf: Die Chancen für den Erhalt der Bremer Stahlhütte sind seit dem Wochenende deutlich gestiegen. Nach sechsstündigen Verhandlungen am Freitag nachmittag paraphierten ein Vertreter der landeseigenen Hanseatischen Industrie-Beteiligungs-Gesellschaft (Hibeg) und der Vorstandsvorsitzende der Klöckner Werke AG (Duisburg), Hans Christoph von Rohr, den Vertrag über eine „Interessentenlösung“. Das verkündete am Samstag Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier (SPD).

Dem Vertrag müssen nun noch der Bremer Senat, der Vorstand und Aufsichtsrat der Klöckner Werke AG und die vom Klöckner- Vergleich betroffenen Gläubigerbanken zustimmen. Nach Angaben Wedemeiers ist damit die Chance für die Bremer Lösung „von 50:50 auf 60:40 gestiegen“. Klöckner entscheidet über den Vorvertrag spätestens bei der Aufsichtsratssitzung am 11. November. Bereits zum 1. Januar 1994 könnte das neue Eignermodell verwirklicht werden.

Ziel der Interessentenlösung ist es, die Zentrale des Bremer Klöckner-Werkes an die Weser zu holen und es von Duisburg zu „entflechten“. „Wir haben eine Lösung gefunden, in der Private die Mehrheit der Anteile halten“, erklärte Wedemeier. Mindestens 200 Millionen Mark sollen dem Bremer Werk an neuem Kapital dadurch zufließen. Einsteigen wollen neben der landeseigenen Hibeg auch die Bremer Stadtwerke „mit zusammen weniger als 50 Prozent der Anteile“, die Bremer Vulkan und die Hegemann-Gruppe. Die Klöckner-Werke AG in Duisburg soll ebenfalls beteiligt bleiben.

Die Verhandlungen mit einem „ausländischen Stahlhersteller“ (im Gespräch ist das belgische Stahlunternehmen Sidmar, eine Tochter der luxemburgischen Arbed) sind noch nicht abgeschlossen. Ein Einstieg der Sidmar würde zwar die Kapitaldecke erhöhen, nicht aber den Anteil der bremischen Beteiligung an der Hütte verringern. Genaue Angaben über Preis und Anteile wollte Wedemeier nicht machen, betonte aber, das Interessentenmodell sei auch ohne die Beteiligung eines ausländischen Konzerns möglich.

Für die Hütte, die als integriertes Stahlwerk erhalten bleiben soll, schlägt der Bremer Bürgermeister den Namen „Nordstahl“ vor. Ein Gutachten belege die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Bremer Hütte. Auch einer Prüfung durch die EG sieht Wedemeier gelassen entgegen, weil Bremen keine Beihilfen gibt. Um die Interessentenlösung zu finanzieren, will Wedemeier „zweimal 24,9 Prozent“ der Stadtwerke verkaufen, obwohl die Bremer SPD bisher nur dem Verkauf von 24,9 Prozent zugestimmt hat. Bernhard Pötter