Görlitzer Doppelstock statt Silberling

■ Die Alternative zu überfüllten Zügen: doppelstöckig von und nach Lübeck

Täglich fahren 250.000 Pendler nach Hamburg. Allein aus Richtung Lübeck sind es 45.000 Menschen, rund ein Drittel benutzen die Nahverkehrszüge. Die leidgeprüften Bahnfahrer wissen: Spätestens ab Ahrensburg sind die Wagen knüppeldickevoll. Eine Lösung wurde gestern am Sternschanzenbahnhof vom Ingenieur-Büro „SCI“ und dem Waggonbau Görlitz präsentiert: Görlitzer Doppelstock statt des herkömmlichen „Silberlings“ der Bahn.

„Auf den Schienen gibt es noch Kapazitäten, wir brauchen keine neuen Trassen“, favorisiert Peter Westphal, Direktor im Hamburger Verkehrsverbund, den Doppelstockwagen. Die in Görlitz hergestellten Schienenfahrzeuge kosten in der einfachen Ausführung rund 2 Millionen Mark pro Stück. „Eine bezahlbare Alternative“, so Westphal. Streckenneubau wie der für die Harburger S-Bahn, der rund 1,3 Milliarden Mark an Kosten verschlang, sei zur Zeit nicht drin.

Die Görlitzer Bahn wäre nicht nur kostengünstiger, so versprechen die SCI-Verkehrsingenieure, ein Doppelstockwagen könne auch dem Negativ-Image des Bundesbahn-Silberlings entgegenfahren. Mintgrün-grau-gestreift ist das 93er Modell, mit einer imposanten Höhe von fünf Metern. In Augenhöhe des Bahnsteigpassanten sitzen die Fahrgäste im unteren Abteil; auf gut gepolsterten lila Sesseln in der ersten Klasse, auf härteren in der zweiten. Der erste Stock ist je nach Modell über eine gerade Treppe oder ein Wendeltreppchen zu erreichen.

Bislang fahren Doppelstockwagen in den neuen Bundesländern, erst seit September in München. Die Nutzer des Hamburger Nahverkehrs werden wohl noch warten müssen. Der HVV könne knapp 55 Pozent der laufenden Kosten übernehmen, so Westphal. Die Bundesbahn hat noch keine Pläne. Möglich scheint die dritte Finanzierungsvariante: Eine private Gesellschaft kauft die Wagen, die Bundesbahn least und der HVV beteiligt sich an den Fahrkosten.

Katrin Wienefeld