: PKK: Nicht mehr über Kurdistan schreiben!
■ Journalisten zwischen den Fronten von Guerilla und türkischem Staat
Istanbul (taz) – Seit heute werden keine Zeitungen in Türkisch-Kurdistan vertrieben. Aus Sicherheitsgründen haben die Grossisten den Versand eingestellt. Gestern hat auch die überwältigende Mehrheit der Journalisten, die dort beschäftigt sind, ihre Arbeit niedergelegt. Grund ist eine Drohung der kurdischen Guerillaorganisation PKK, die den großen Medien vorwirft, einseitig über Kurdistan zu berichten. Die Journalisten wurden angewiesen, ihre Arbeit niederzulegen. Ansonsten müßten sie die „Konsequenzen tragen“. Von dem Verbot sind auch ausländische Korrespondenten betroffen. Faktisch ist damit die Berichterstattung über Türkisch-Kurdistan zum Erliegen gekommen. Nach den Morden an über 15 kritischen Journalisten in den letzten 18 Monaten, für die Sicherheitskräfte verantwortlich gemacht werden, beteiligt sich nun auch die PKK am Kesseltreiben.
Am Freitag waren zwei bewaffnete PKK-Militante in das Büro des Journalistenverbandes im kurdischen Diyarbakir eingedrungen und hatten den Verbandschef Ramazan Pamuk gezwungen, sofort eine Pressekonferenz einzuberufen, zu der die Büroleiter der großen türkischen Tageszeitungen und Agenturen eingeladen wurden. Anschließend wurden die Büroleiter in ein PKK-Lager gebracht, wo ein Guerilla-Kommandant die Entscheidung der Organisation übermittelte: „Wir sind fest entschlossen, das Verbot durchzusetzen. Wer arbeitet, wird bestraft. Ansonsten bedrohen Sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Familien.“
Die türkische Staatspräsidentin Tansu Ciller, die am Wochenende auf Staatsbesuch in den USA war, sprach davon, daß der türkische Staat für die Sicherheit der Journalisten sorgen werde. Der Ausnahmerechtsgouverneur in Diyarbakir, Ünal Erkan, bot nach den Vorfällen Journalisten bewaffneten Schutz an. „Das heißt, Journalisten zu Kollaborateuren und zur Zielscheibe machen“, kommentierte der Bürochef der Zeitung Yeni Günaydin das Angebot des Ausnahmerechtsgouverneurs. Ömer Erzeren
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