Abfall auf dem Holzweg

■ 326.000 Tonnen Holz werden jährlich auf den Müll geworfen / Grüne fordern Kompostierung und spezielles Kraftwerk

In Berlin werden jährlich 326.000 Tonnen Holz weggeworfen. Das ist nicht nur Verschwendung, sondern schadet auch der Umwelt, wie aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervorgeht. Weil die vor allem aus Bauabfällen stammenden Balken und Bretter auf den Mülldeponien unter Luftabschluß verfaulen, entstehen zwei schädliche Gase: Ammoniak belastet das Grundwasser, und Methan trägt zum „Treibhauseffekt“ bei – heizt also die Erdatmosphäre auf.

Ein Verbrennen der Holzabfälle wäre aber auch aus einem anderen Grund umweltfreundlicher, geht aus der Antwort der Umweltverwaltung hervor. Rein rechnerisch könnte jährlich auf rund 120.000 Liter Heizöl verzichtet werden, würde statt dessen das Holz verbrannt. Dieser Ersatz hätte einen weiteren positiven Effekt auf das Klima: Verfeuert man Holz statt Heizöl, entsteht weniger Kohlendioxid. Jährlich könnte der Ausstoß von CO2 um 384.000 Tonnen vermindert werden – was nach Angaben der Grünen mehr als ein Hundertstel des gesamten Berliner CO2-Ausstoßes betrage. Weil vor allem Kohlendioxid das Klima aufheizt, will Berlin seinen Ausstoß bis zum Jahr 2010 um ein Viertel mindern.

Der Senat betreibe eine „chaotische Abfallpolitik“, kommentierte gesten Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Von den 170.000 Tonnen Abfallholz, die beim Gewerbe, und den 226.000 Tonnen, die bei Bauarbeiten anfallen, würden nur 70.000 Tonnen verwertet. Berger forderte, daß auch die restlichen 326.000 Tonnen kompostiert oder zur Energieerzeugung eingesetzt werden.

Gegenüber der taz verwies der Umweltpolitiker auf Beispiele in der Umgebung Berlins und in Dänemark. Nördlich von Wandlitz sei ein ehemals mit Braunkohle betriebenes Heizkraftwerk auf den Brennstoff Holz – allerdings unbehandeltes – umgestellt worden. In Thüringen gebe es ein mit Stroh befeuertes Kraftwerk. In Dänemark sei diese Technik am weitesten entwickelt und werde dort auch am häufigsten eingesetzt. Man könne sicher nicht das gesamte Berliner Abfallholz verwenden, meinte Berger. Der größte Teil sei aber unbehandelt.

Ganz so optimistisch zeigte sich Detlef Loy von der Umweltverwaltung nicht. Für behandeltes Holz gebe es keine Pilotanlage, Erfahrungen über den Aufwand von Reinigungen und Verbrennung fehlten also. Ein Gutachten im Auftrag seiner Verwaltung, das über die Verwertungsmöglichkeiten von lackiertem und geleimtem Holz sowie Spanplatten Auskunft geben soll, werde in diesen Tagen fertiggestellt. Eines sei aber jetzt schon klar: Für behandeltes Holz sei ein umfangreiches Reinigungsverfahren notwendig. Denn bei der Verbrennung von Lack entstehe das Ultragift Dioxin. Trotzdem war auch Loy überzeugt, daß die Verwertung eines Großteils der Holzabfälle sich ökologisch und ökonomisch rechne. Dirk Wildt