■ Mit Video-Piraten auf du und du
: Trauminsel Zypern

Nikosia (taz) – Was hat Käse mit Videokassetten zu tun? Eine Menge. In den USA sind jetzt Stimmen laut geworden, der Republik Zypern die Meistbegünstigungsklausel zu entziehen, dank derer geringere Zölle fällig sind. Das verlangt jedenfalls die „International Intellectual Property Alliance“. Grund für diesen angedrohten unfreundlichen Akt ist das Unwesen der Video-Piraterie auf der Insel. Und deswegen müssen die Produzenten von zypriotischem Halloumi-Käse – eines der wesentlichsten Exportprodukte in die USA – um ihre Verkäufe fürchten.

Bei der Videopiraterie geht es allerdings nicht nur um einen Pappenstiel. Die US-Unterhaltungsindustrie beziffert ihre Verluste durch illegales Kopieren auf Zypern auf jährlich 51 Mio. Dollar. Tatsächlich sind schon wenige Tage nach Erscheinen der neuesten Kinohits die Filme an jeder zweiten Ecke erhältlich, „Jurassic Park“ von Steven Spielberg zum Beispiel. Jährlich importiert Zypern mehrere Millionen unbespielter Videokassetten. Bei rund 800.000 Inselbewohnern ist kaum anzunehmen, daß die illegal vervielfältigten Streifen nur auf Zypern zirkulieren. Offensichtlich hat sich die Mittelmeerinsel zu einem regen Umschlagplatz entwickelt.

Aber was heißt überhaupt illegal? Dank einer (Fehl-)Entscheidung des Parlaments der Republik Zypern existiert derzeit nämlich überhaupt keine Strafandrohung für Raubkopierer. Zwar soll ab dem 1.Januar 1994 das existierende Gesetz durch härtere Strafandrohungen verschärft werden, bis dahin allerdings hat das Abgeordnetenhaus sämtliche auch bisher schon vorhandenen Bestrafungen wegen der Verletzung von Copyright-Ansprüchen suspendiert. Eine Einladung an alle Raubkopierer also. „Sowas gibt's sonst nirgends auf der Welt“, beklagt der Anwalt Achilleas Demetriades, der in Nikosia die Interessen der US- Film- und Musikindustrie vertritt. klh