Heilige Milchkühe

■ Gatt-Runde: Frankreich sucht Hilfe bei seinen ehemaligen Kolonien

Genf (taz) – „Die Subventionen für eine Milchkuh in der EG sind höher als das durchschnittliche Einkommen eines Bauern in den meisten Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.“ Mit diesem Satz begründete Australiens Handelsminister Peter Cook am Montag seine Forderung nach einer drastischen Kürzung der Agrarsubventionen der USA und der EG. Cook sprach für die „Cairns- Gruppe“ der 14 hauptsächlich vom Agrarexport lebenden Mitgliedstaaten des Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens Gatt.

Die größte Verantwortung für den Stillstand der Uruguay-Runde liege bei der EG, erklärte Cook zum Abschluß zweitägiger Beratungen der 14 Cairns-Handelsminister. Ihre gemeinsame Erklärung stellt fest, daß der zwischen Washington und Brüssel erzielte Blair-House-Kompromiß über eine teilweise Verringerung von Exportsubventionen „noch nicht weit genug“ gehe. Sollte sich Frankreich gar mit seinem Versuch durchsetzen, dieses Abkommen wieder aufzuweichen, werde die Uruguay-Verhandlungsrunde des Gatt scheitern. Der Termin des 15. Dezember als „letzte und endgültige Frist“ für das Zustandekommen eines neuen Gatt-Abkommens, den die Pariser Regierung jetzt ebenfalls in Frage stellt, sei „unverrückbar“. Auch der Vorschlag Frankreichs, den Bereich Landwirtschaft aus einem Gatt- Abkommen zunächst auszuklammern, sei „unter keinen Umständen akzeptabel“.

In Gesprächen mit den Regierungen in Paris, Brüssel und Bonn will Cook die Position der Cairns- Gruppe in den nächsten Tagen noch einmal „in aller Deutlichkeit“ vortragen. Zur Cairns-Gruppe gehören neben Kanada die asiatisch- pazifischen Staaten Australien, Neuseeland, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Fiji; die lateinamerikanischen Länder Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Chile und Uruguay sowie Ungarn als einziger europäischer Vertreter.

Internationale Unterstützung fand Frankreich unterdessen bei seinen Bemühungen um den Schutz des nationalen und des europäischen Kulturschaffens vor Billigimporten aus den USA und Japan – insbesonders im Film-, Fernseh- und Audiovisionsbereich. Frankreich will entsprechende Ausnahmeregeln in einem Gatt-Abkommen verankern. Die 47 Teilnehmerstaaten des Frankophonie-Gipfels, der am Montag abend auf der Insel Mauritius zu Ende ging, folgte dem Appell des französischen Staatspräsidenten Mitterrand, die „kulturelle Hegemonie“ der Anglophonen, die „Verallgemeinerung eines einzigen Kulturmodells“ und die sich daraus ergebende „Vorherrschaft und unakzeptable Unterordnung“ zu bekämpfen. Einstimmig verabschiedete der Gipfel eine Resolution gegen einen unbegrenzten Freihandel mit Kulturprodukten und den Schutz der nationalen oder regionalen Kulturindustrien. In den 47 Teilnehmerländern des Frankophonie-Gipfels leben rund 160 Millionen Menschen.

In vielen nordafrikanischen Staaten wird die Debatte um den Schutz der Kulturgüter allerdings als „Streit unter den Weißen“ gesehen, für die Frankreich seine Ex- Kolonien einspanne. „Frankreich hilft uns, wir helfen Frankreich... solange Paris zahlt“, spotteten Delegierte gegenüber der Zeitung Libération. Andreas Zumach