Böttcherstraße vergesellschaftet

■ Kulturgut von Stadt, Sparkasse, Bund und PBM-Stiftung betreut

Die Kunstschätze der Böttcherstraße sollen künftig von einer Gesellschaft „Kunstsammlungen der Böttcherstraße“ betreut werden. Nach Angaben der bremischen Kulturbehörde werden die Stadt und die Sparkasse Bremen, der Bund und die „Stiftung Paula Modersohn-Becker“ Gesellschafter sein.

Drei Komplexe stehen im Mittelpunkt der geplanten Gesellschaft. Die in der Böttcherstraße bereits vorhandene Sammlung von Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken von Paula Modersohn-Becker soll um Werke der Künstlerin, die jetzt noch in der „Paula-Modersohn-Becker-Stiftung“ sind, als Dauerleihgaben erweitert werden. Sie wird im inzwischen renovierten und um eine Ausstellungshalle erweiterten „Paula-Modersohn-Becker-Museum“ untergebracht werden, das am 8. Februar '94, dem 118. Geburtstag der Künstlerin, eröffnet wird.

Außerdem werden Plastiken und Gebäude des expressionistischen Bildhauers und Architekten Bernhard Hoetger eingegliedert. Sowohl die Paula- als auch die Hoetger-Sammlungen werden mit jeweils mehreren hundert Exponaten die umfassendsten Sammlungen von Arbeiten dieser Künstler in der Welt sein.

Darüber hinaus werden die aus dem 12. bis 18. Jahrhundert stammenden Schätze im Roselius- Haus — unter anderem mit Werken von Conrad von Soest, Joos van Cleve, Lukas Cranach des Älteren und Tilman Riemenschneider — einbezogen.

Ludwig Roselius, der mit der Entwicklung des HAG-Kaffees viel Geld verdiente, kaufte die Böttcherstraße in den zwanziger Jahren Stück für Stück. In seinem Auftrag baute Hoetger das Paula- Becker-Modersohn-Haus und das Haus Atlantis. Sein gleichnamiger Sohn verkaufte als Erbe die HAG-AG und die Straße im Herbst 1979 an den US-Lebensmittelkonzern General Food. Der Unmut, den er damit in Bremen auslöste, veranlaßte ihn zwei Jahre später, die Böttcherstraße für rund neun Millionen Mark zurückzukaufen. Sieben Jahre danach verkaufte er die bei ihm verbliebenen Sammlungen für 15 Millionen Mark an die Stadt Bremen. Mit einer Beteiligung von fünf Millionen Mark erwarb der Bund ein Drittel Miteigentum. Für rund 5,5 Millionen Mark übernahm die Bremer Sparkasse die Gebäude sowie die Erbbaurechte und erwarb 1989 alle Liegenschaftsrechte in der Böttcherstraße.

Bürgermeister Klaus Wedemeier und der damalige Kultursenator Thomas Franke hatten sich seinerzeit um das Rettungswerk bemüht. Mit der Übernahme dieses „Gesamtkunstwerks von nationaler Bedeutung“ durch die Stadt sowie der Grundstücke und Gebäude durch die Sparkasse soll „jede weitere denkbare Abwanderungsmöglichkeit ein für allemal verhindert“ werden.

Dietrich Wieland / dpa