Bestechung in der Lapas-Affaire indirekt bestätigt

■ CSU-Spender Grob akzeptierte Bestechungsstrafe / Prozeß mit Überraschungen

„Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen“ lautet es derzeit vor den Türen der 1. Großen Strafkammer im Bonner Landgericht. Aus Gründen der „Staatssicherheit“ wird dann im Geheimen gegen einen Mann verhandelt, der zuviel weiß und der dem Verteidigungsministerium ein Dorn im Auge ist: Norbert Gilles (69), ehemaliger Regierungsbeamter der Bonner Hardthöhe, muß sich unter anderem im Zusammenhang mit der berüchtigten Affaire um das inzwischen gestoppte Höhenaufklärungsflugzeug „Lapas“ wegen Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und Untreue verantworten.

Sämtliche Akten in der „Sache Gilles“ tragen den Stempel „VS- vertraulich“. Jahrelang war der mittlerweile pensionierte Elektronikexperte in der Rüstungsabteilung des Ministeriums maßgeblich an der Vergabe lukrativer Militäraufträge beteiligt. Von dort aus koordinierte er möglicherweise zusammen mit dem BND in den 80er Jahren dubiose Lauschaktionen im fernen Osten. An der Geheimhaltung der sogenannten Pamir-Affaire ist der Hardthöhe noch heute viel gelegen.

Ob bei der Beschaffung des Radar-Störsenders „Cerberus“, mit dem seinerzeit das Kampfflugzeug „Tornado“ in Zusammenarbeit mit dem israelischen Geheimdienst „Mossad“ die sowjetische Flugabwehr täuschen sollte, oder eben bei Vergabe des „Lapas“- Auftrages – Gilles, so glaubt die Staatsanwaltschaft, hat sich mehrfach für die Vergabe millionenschwerer Aufträge fürstlich entlohnen lassen. Mit Kreuzfahrten in die Karibik im Werte von zirka 140.000 Mark bedankte sich etwa das italienische Unternehmen Elettronica für die Beteiligung am Projekt „Cerberus“. Auch AEG hielt sich mit Geschenken für ihren V-Mann auf der Hardthöhe nicht zurück: Luxuriöse Flugreisen ins sonnige Südafrika sicherten die Berücksichtigung des Unternehmens. Insgesamt soll der Ex-Beamte Werte von etwa 180.000 Mark erhalten haben.

Zuletzt noch zeigte sich der bayerische Flugzeugbauer Burkhart Grob, als „Amigo“ des Ex- Ministerpräsidenten Streibl kein Unbekannter, bei Norbert Gilles erkenntlich. Grob, der den Auftrag für zehn Lapas-Jets erhalten sollte, ermöglichte Gilles samt Ehefrau den kostenlosen Urlaub auf seiner brasilianischen Hazienda. Vor gut einem Vierteljahr ist der CSU-Großspender, wie auch der maßgebliche AEG-Repräsentant Jäger, klammheimlich wegen Bestechung an Norbert Gilles per Strafbefehl verurteilt worden. „Um es nicht zu einem öffentlichen Prozeß kommen zu lassen“, so glaubt Gilles-Verteidiger Hanns Feigen, habe der „Vater aller Amigos“ Grob die Strafe akzeptiert. Kommende Woche soll Grob als Zeuge in Bonn aussagen.

Wahrscheinlich ist, daß auch dies, wie so vieles in der „VS-Sache Gilles“, hinter verschlossenen Türen stattfindet. Nicht ohne Grund hat sich daher der rüstige Rentner für die renommierteste Anwaltskanzlei in Bonn entschieden, nachdem die Staatsanwaltschaft mehr als drei Jahre gegen ihn ermittelt hatte. Doch trotz aller juristischen Raffinesse waren den Anwälten Feigen und Langkeit mit Beginn des Verfahrens in ihrer Verteidiger-Tätigkeit „von oben“ die Grenzen gesetzt. Finster drein blickende Gestalten vom BND und der Hardthöhe verfolgten, ob der Angeklagte die ihm auferlegten Aussagebeschränkungen auch in den heiklen Punkten der Anklage durchhielt. Zuletzt drohte der Prozeß zu platzen, „da wir uns nicht im optimalen Rahmen verteidigen konnten“, erläutert Jochen Langkeit, der sich am liebsten gegenüber der Öffentlichkeit äußern würde, dies aber nicht darf und die „Geheimniskrämerei“ des Gerichts nicht recht versteht.

Schließlich hätte sich doch jeder aus dem Spiegel über das 21-Millionen Mark teure Abhörspektakel „Pamir“ an der damaligen chinesisch-sowjetischen Grenze informieren können. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins habe die Regierung Kohl dort im Schulterschluß mit Partner China Mitte der 80er Jahre „eine beispiellose Lauschaktion“ gestartet. „Containerweise“, so der Spiegel, habe die Bundesregierung über Tarnfirmen des BND, Lauschtürme an die inner-asiatische Grenze geschafft. Dort sollten dann auch die Abhöranlagen der Amerikaner „auf ihre Verläßlichkeit hin überprüft werden“.

Für Star-Anwalt Feigen, dessen Mandant Gilles im Zusammenhang mit „Pamir“ nach Informationen der taz die Veruntreuung von etwa vier Millionen Mark Hardthöhen-Gelder an den BND vorgeworfen wird, „eine unglaubliche Geschichte mit enormer politischer Brisanz.“ Dem Verteidigungsministerium könnte sie noch heute aus guten Gründen peinlich sein. Der taz kündigte Feigen unter anderem die Ladung des früheren Hardthöhen-Chefs Manfred Wörner an, dem eine Aussage allerdings reichlich schwerfallen dürfte. Nach dem Willen des Anwaltes müßte sogar der chinesische Generalstabschef als Zeuge vernommen werden.

Mittlerweile gilt für Norbert Gilles allerdings nach richterlicher Rücksprache mit entsprechenden Stellen „grünes Licht“: Er darf sich jetzt verteidigen, aber in den heiklen Punkten – wie zu „Pamir“ – lautet die Devise: „Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen.“ Denn, so Staatsanwalt Bernd König, „der Spiegel ist noch lange nicht die öffentliche Hauptverhandlung.“ Hasso Suliak