Blutkonserven: Infektionsrisiko 1 zu 1 Million

■ Krankenhäuser: „Wir praktizieren alles Machbare“ / Großer Beratungsbedarf

Auch nach den Schreckensmeldungen über HIV-infizierte Blutkonserven und -präparate haben sich die Kontrollmethoden in den Hamburger Krankenhäusern nicht verschärft. „Da ist nichts mehr zu verändern, weil wir schon alles Machbare praktizieren“, so die Sprecherin des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), Ines Kehrein.

Ganz sei ein Risiko bei einer Bluttransfusion nicht auszuschließen, doch das Hamburger Zentralinstitut für Transfusionsmedizin schätze dieses nur auf eins zu eine Million. Einige Hamburger PatientInnen erkrankten dennoch an fremdem Spenderblut: Der Senat räumte jetzt auf Anfrage des GAL-Abgeordneten Peter Zamory ein, daß in den Jahren 1982 bis 1985 (bis dahin existierten keine verläßlichen HIV-Tests) in der Uniklinik Eppendorf (UKE) mindestens vier Bluter und 25 EmpfängerInnen von Bluttransfusionen mit dem HIV-Virus infiziert worden sind. Von den 25 erwachsenen UKE-PatientInnen sind nach Angaben des Senats bereits 16 an Aids gestorben. Zahlen aus anderen Hamburger Kliniken und über infizierte Bluter-Kinder liegen derzeit nicht vor.

Von insgesamt in Hamburg gemeldeten 54 HIV-infizierten Blutern erkrankten seit 1983 14 an Aids, und zehn starben an der Immunschwäche. Nach Auskunft der Gesundheitsbehörde gaben diese 54 Menschen bei einer Befragung an, daß nach eigener Einschätzung Blutpräparate die Infektionsquelle gewesen seien (taz berichtete).

Nach Angaben von LBK-Sprecherin Kehrein wird seit Juni 1993 das Plasma aus Blutkonserven für sechs Monate eingefroren (Quarantänelagerung). Erst wenn der Spender auch nach fünf Monaten erneut einen HIV-negativen Test vorweisen kann, wird es freigegeben. Die anderen Bestandteile (rote Blutkörperchen und Blutplättchen) werden im Zentralinstitut zweifach auf HIV getestet (Elisa-Suchtest und HIV-Antigentest). Blutpräparate wie Gerinnungsmittel (für Bluter) werden jedoch nicht mehr auf HIV untersucht. Diese Kontrolle obliege wie bei allen anderen Medikamenten den Herstellern.

Die Verunsicherung von PatientInnen hat zu einer verstärkten Nachfrage nach Eigenblutspenden geführt. Bei geplanten Operationen kann bis zu 35 Tage vor dem Eingriff dem Kranken zwischen einem halben und zwei Litern Blut abgenommen werden – allerdings nur, wenn sein Körper nicht schon durch die Krankheit zu sehr geschwächt ist. Vom LBK und im UKE wird jetzt verstärkt auf die Eigenblutspende als Alternative hingewiesen.

Von Panikreaktionen und verschobenen OP-Terminen könne jedoch weder im UKE noch in den anderen städtischen Kliniken die Rede sein, so die gleichlautenden Beteuerungen. Allerdings seien Beratungs- und Aufklärungsbedarf deutlich gestiegen. Sannah Koch