Warmer Geldregen aus der Gasleitung

■ Europipe: Baubeginn am Watt / Anliegende Gemeinden mit üppigen „Ausgleichsmaßnahmen“ befriedet

Ostfriesland bereitet sich auf die Gasleitung der norwegischen Firma Statoil vor: die „Europipe“. Widerstand regt sich kaum noch, denn die Gegner der Gasleitung mitten durch den Naturschutzpark Wattenmeer sind mit Abfindungen oder „Ausgleichsmaßnahmen“ reich bedient worden. Nur ein einziger Fischer hat das angebotene Geld noch nicht akzeptiert, und die Naturschutzbände verfolgen die letzten Instanzen des Planfeststellungsverfahrens mit Argwohn.

Vor elf Tagen hat das Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld — zuständig wegen der mineralischen Sandgewinnung - Statoil die vorzeitige Baugenehmigung für die Einrichtung der Landbaustelle genehmigt. In Dornum wird die Untertunnelung des Wattenmeeres begonnen. „Die Baustelle liegt hinter dem Sommer- und Winterdeich, um zu verhindern, daß von oben im Watt rumgebaut wird“, erläutert Hans-Georg Patzke, Leiter des Planfeststellungsverfahrens im Oberbergamt. Eine Wilhelmshavenerin habe Klage eingereicht, die habe jedoch keine aufschiebende Wirkung.

Das Planfeststellungsverfahren für den Verlauf der Pipeline durch das Naturschutzgebiet Wattenmeer, insgesamt 15 km, wird spätestens Mitte November beendet sein. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat ab 1. November ein Verbandsklagerecht und hofft, daß es Statoil damit doch noch einen Stock zwischen die Räder werfen kann.

Die Gemeinden entlang der Gas-Trasse hoffen dagegen auf die „Ausgleichsmaßnahmen“. So waren gestern Statoil-Vertreter auf der Insel Langeoog, um mit der Gemeindevertretung Termine für die von Statoil finanzierte Strandaufspülung abzusprechen. Die großen Herbst- und Winterstürme des vergangenen Jahres haben die Dünenkante gefährdet. „Wir bekommen von Statoil 700.000 Kubikmeter Sand zur Inselbefestigung“, freut sich Frerich Göken, Gemeindedirektor der Insel. Der Sand stamme aus der auszubaggernden Rinne zwischen den bei

Unter dem Strand liegt das Gasrohr — und das Geld Foto: Matthias Leupold

den Inseln Langeoog und Baltrum und soll bis Ende Mai schon unter den Füßen der Strandläufer knirschen. Ein Gemeindevertreter der Insel Baltrum sagte, daß ihnen ebenfalls eine Strandaufspülung in Aussicht gestellt worden sei. Zu früh gefreut: „Baltrum kriegt sowas nicht“, hieß es dazu gestern von Statoil-Pressesprecher Ulrich Siemer.

Nicht leer soll dagegen die Gemeinde Dornum ausgehen. Ihr sei von Statoil ein Zuschuß für Sozialwohnungsbau in Höhe von 1.000.000 Mark versprochen worden. Das zumindest hat NABU- Sprecher Ulrich Filbrandt gehört. Die Gemeindeverwaltung wollte sich dazu gestern nicht äußern,

hier bitte das Foto

vom Strand

man stünde noch in Verhandlung, hieß es.

Eine „Ausgleichsmaßnahme“ kann auch die Insel Wangerooge verbuchen, obgleich sie gar nicht von der Gasleitung betroffen ist. Dort wird der fast versandete Sportboothafe verlegt. Fünf Millionen kostet das, meint Filbrandt. Als kleinen Bonus bekommt der Münsterpolder, das Land bei Dornumersiel, eine Salzwiese gespendet von Statoil: 149 Hektar groß. Derzeit wird das Gebiet als Sommerweide für Pensionsvieh genutzt. Die Salzwiese soll wohl irgendwie für die Natur als Widergutmachung gedacht sein. So genau konnte der Pressesprecher von Statoil das

auch nicht erklären.

Das Wegerecht für die 54 km lange Landstrecke der Gasleitung zwischen Dornum und Emden mußte sich Statoil erkaufen. „Die Landwirte erhalten einen geringen Ersatz dafür, können ihr Land jedoch weiterhin nutzen“, erklärt Statoil-Sprecher Siemer. Sie bekommen nur die Auflage, auf ihrem Land nichts zu sprengen und nicht so tief zu pflügen.

Mit dem Vorhaben „Ökofonds Wattenmeer“ versucht Statoil auch noch die Umweltverbände zu locken. 50 Millionen sollen für Förderprojekte eingerichtet werden. Der Fonds ist allerdings noch in der Planungsphase. Vivianne Agena