Nato: Ganz einig im Allgemeinen

Abschluß der Tagung der Verteidigungsminister in Travemünde: Generelle Absichtserklärungen spiegeln Harmonie vor / Kein Konsens über Entsendung von Nato-Truppen nach Bosnien  ■ Von Andreas Zumach

Berlin (taz) – „Ich verwette meine Pension, daß die USA sich an einer Nato-Truppe zur Überwachung eines Bosnien-Abkommens nicht beteiligen werden.“ Mit dieser skeptischen Einschätzung reagierte ein hoher Nato-Offizieller am gestrigen letzten Tag der Verteidigungsministertagung in Travemünde auf die Versicherung von US-Verteidigungsminister Aspin, die Regierung Clinton sei bereit, zur Umsetzung eines Bosnien-Abkommens „substantiell beizutragen“.

Ähnlich unkonkret waren auch die prinzipiellen Bereitschaftserklärungen einiger Amtskollegen Aspins. Keiner der 15 in Travemünde versammelten Verteidigungsminister (ohne Frankreich) machte verbindliche Zusagen über die Entsendung von Soldaten oder die Bereitstellung von Geldern für eine Nato-Truppe in Bosnien. Kein Konsens bestand unter den Verteidigungsministern auch über die Frage, wann denn eine „Strangulierung“ Sarajevos vorliegt. Eine „Strangulierung“ der bosnischen Hauptstadt ist in früheren Beschlüssen des Nato-Rats die Vorbedingung für Luftangriffe auf serbische Stellungen.

Auch beim Thema Osterweiterung erfüllte diese 54. Tagung der Verteidigungsminister die vorherigen Erwartungen. Eine Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten oder auch nur die Übernahme von Sicherheitsgarantien für osteuropäische Staaten ist nicht vorgesehen. Statt dessen wurde unter der von Washington angeregten Überschrift „Partnerschaft für den Frieden“ über Vertragsangebote an osteuropäische Staaten diskutiert, über die im Januar 94 der Gipfel der 16 Nato-Regierungschefs entscheiden soll. Diese Verträge sollen die Zusammenarbeit mit der Nato bei friedenssichernden Einsätzen im Rahmen der UNO beinhalten, gemeinsame Ausbildung und Manöver, die West-Ost-Standardisierung von Waffen und Gerät sowie andere Formen militärischer Zusammenarbeit. Alle diese Maßnahmen sind allerdings schon im laufenden Arbeitsprogramm des vor zwei Jahren etablierten „Kooperationsrates“ der Nato mit den osteuropäischen Staaten enthalten.

Für Bundesverteidigungsminister Rühe wären entsprechende Verträge ein Einstieg in die spätere Mitgliedschaft osteuropäischer Länder in der Nato. Die meisten seiner Amtskollegen äußerten sich sehr viel zurückhaltender.

In ihrem gestrigen Abschlußkommuniqué gaben sich die 15 Verteidigungsminister hochzufrieden. Sie hätten „ein breites Maß an Übereinstimmung erzielt in den Fragen, die sich für das neue und sich weiter entwickelnde Sicherheitsumfeld ergeben“.

Eine Übereinstimmung gelang nur deshalb, weil Frankreichs Verteidigungsminister Leotard trotz ausdrücklicher Einladung von Gastgeber Rühe nicht in Travemünde erschienen war: die Nato solle ein Mandat der UNO künftig nur noch annehmen unter der Bedingung, daß der Einsatz unter Verantwortung der Nato stattfindet und sie die militärischen Mittel bestimmt.

Damit haben sich 14 Nato-Staaten der Haltung der Clinton-Administration angeschlossen, wonach ein Nato-Einsatz im UNO- Auftrag nur unter Oberbefehl der Nato, das heißt bislang von US- Generälen, stattfinden soll. Das wird von Paris bislang strikt abgelehnt.