Hurra, wir sind entbunden

■ Vom Knoten im Kopf des kollektiven grünen Mitgliederrundbriefautors

Vor Jahren gab es einen Bestseller in Wohngemeinschaftskreisen. „Knots“ von dem englischen Psychiater Laing, „Knoten“ auf deutsch. Ich liebe Dich weil Du mich liebst weil ich Dich liebe...“ und so weiter.

Die Gesamte Redaktion des Mitgliedermagazins der Grünen, die ihre kollektiven Texte mit „red“ zeichnet, hat sich jüngst auf die Höhe des englischen Psychiaters begeben. „Parteibeschlüsse entbinden uns nicht davon, weiter anderer Meinung zu sein“, steht da, „aber dies dann bitte nicht mehr im Namen der Grünen“.

Was? Wie? „Entbunden“ bzw. nicht entbunden wird man gewöhnlich von einer Pflicht. Irgendwie hatte der kollektive Autor des Textes Probleme beim Formulieren seines Gedankens.

Thema war übrigens der grüne Streit um eine mögliche Intervention im serbisch-bosnischen Morden. Die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen hatte mit großer Mehrheit beschlossen, daß die Grünen gegen eine Intervention sind. Auch in Bremen gibt es Mitglieder der Grünen, die anderer Meinung sind — unter ihnen etwa die Abgeordnete Marieluise Beck, der Abgeordnete Kuhn, der Abgeordnete Thomas, der Senator Fücks, die Senatorin Trüpel, um nur einige mit Mandat oder Amt zu nennen. Diese dürfen also, so will der Mitgliederrundbrief sagen, auch weiterhin ihre Meinung sagen. „Aber dann bitte dies nicht mehr im Namen der Grünen“. Und in diesem Zusammenhang die verknotete Formulierung (s.o.).

Dem Grüne Hermann Kuhn ist das aufgefallen, und er fragt sich, was der Knoten uns sagen will. „Ein Wink, eine Drohung? Die Aufforderung, entweder seine Meinung zu ändern oder die Günen zu verlassen?“ Der Knoten im Satz deutet auf einen Knoten im Kopf. Wie geht ein grünes Mitgliederinfo damit um, daß die Mehrzahl der prominenten Bremer Grünen anderer Ansicht sind als der Beschluß ihrer Bundesdelegiertenkonferenz? Muß Marieluise Beck, die wie kaum eine andere in der Bosnien-Frage engagiert ist, jetzt ihren Mund halten oder vor jedem Satz sagen: Ich bin entbunden, anderer Meinung zu sein, aber nicht im Namen der Grünen? Offensichtlich ist der Landesvorstand ratlos beim Umgang mit seinen andersdenkenden Prominenten. Die Reihen fest schließen, wie die SPD es derzeit vorführt, würde er wohl gern, keine Abweichler mehr zulassen. Aber trauen tut er sich nicht. „Der Knoten im Satz deutet auf einen Knoten im Kopf...“, sagt Kuhn, und: „Ich als Autor hätte auch mit red gezeichnet, um nicht mit meinem Namen dazu stehen zu müssen ...“ Rosi Roland