Antike Ehepflicht

■ Oldenburger Untersuchung zum römischen Recht

Oldenburg - „Wenn sich ergibt, daß eine Frau ihrem schwangeren Leib Gewalt angetan hat, so wird sie der Provinzstatthalter verbannen.“ So lautete um 300 nach Christus ein römisches Gesetz. Nach Auffassung des Oldenburger Historikers Lothar Wierschowski handelt es sich hier um das erste staatliche Abtreibungsverbot im heutigen westlichen Kulturkreis. Von moralischen oder ethischen Maßstäben war der Vorläufer des umstrittenen Paragraphen 218 jedoch nicht bestimmt.

Abtreibung sei zuvor nur verfolgt worden, wenn ein Ehemann sich hintergangen fühlte, im übrigen habe sich der römische Staat nicht um Familienplanung und Empfängnisverhütung gekümmert. Das schließlich erlassene Verbot der Abtreibung habe lediglich bevölkerungspolitischen Zielen gedient, glaubt der Geschichtswissenschaftler nachweisen zu können. Ein erheblicher Rückgang der Bevölkerung im römischen Reich sei seit dem zweiten Jahrhundert nachweisbar. Es habe eine „Neigung zur Kinderlosigkeit“ gegeben.

Mit dem „Import“ von Sklaven habe die Gesamtbevölkerung des Römischen Kernreichs vorübergehend stabil gehalten werden können. Weil die erhoffte Wirkung der Sklaven-Einfuhr offenbar ausblieb, verfügte Kaiser Augustus (63 v.Chr. bis 14 n.Chr.) „trotz heftiger Proteste“ eine Ehepflicht. Männer zwischen 25 und 60 Jahren sowie Frauen zwischen 20 und 50 Jahren mußten der Anordnung zufolge heiraten. Je nach Wohngegend sollten die Eheleute eine Zahl von drei bis fünf Kindern zeugen und aufziehen.

Eine sozialpolitische Initiative, „die bis zur Neuzeit ohne Parallele“ geblieben ist, ergriff nach den Forschungen Wierschowskis Kaiser Traian (98 bis 117 n.Chr.). Traian habe ein „Kindergeld“ eingeführt. Über eine Stiftung erhielten Gutsbesitzer vergünstigte Kredite. Dafür sollten sie Kinder armer Leute aufziehen. Die staatlich ausgeschütteten Alimente für Jungen waren höher als die für Mädchen. „Der Kaiser brauchte Soldaten“, stellt Wierschowski fest. Manfred Protze