Trüpel will hin, wo's weh tut

■ Ressort für Ausländerintegration sucht nach neuen Wegen Bevölkerung

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Ausländerintegrations-Senatorin Helga TrüpelFoto: Katja Heddinga

Die Senatorin für Ausländerintegration hat von Otto Rehagel gelernt: „Meine Spieler müssen, um erfolgreich zu sein, dort hineingehen, wo es wehtut“, hat der Werdertrainer gesagt. Auch Helga Trüpel will künftig dorthin gehen, wo es wehtut. Gestern hat sie ihr Programm für die zweite Halbzeit der Legislaturperiode im Bereich Ausländerintegration vorgestellt und dabei eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „heißer Stuhl“ angekündigt: Sie will durch die Stadtteile mit hohem Ausländeranteil und mit Problemen im Zusammenleben der Kulturen ziehen und sich in Bürgerhäusern der Bevölkerung stellen.

„Der heiße Stuhl“ ist Teil einer Wende in der Ausländerintegration. Künftig will man weniger Veranstaltungen für sogenannte Multiplikatoren und das übliche links-liberale Veranstaltungspublikum machen, sondern vielmehr ohne oft „nutzlose Vermittlungsebenen“ die Menschen aufsuchen, die von traditionellen Maßnahmen nicht erfaßt werden. Organisierte Neonazis sowie „ausländische terroristische Organisationen“ will die Senatorin dabei allerdings weiterhin der „Obhut“ des Innensenators überlassen; mit dem Rest jedoch will sie den Dialog suchen.

Kritisch sollen bisher geförderte Maßnahmen überprüft werden: Stimmen die Wohnviertel mit hohen Wahlergebnissen für rechte Parteien mit den Veranstaltungsorten von Maßnahmen überein? Sind die Ansprechformen für die Zielgruppe überhaupt geeignet? Die Senatorin will nicht mehr im „Trott der 70er Jahre mit Broschüre, Flugblatt und Diskussion“ daherkommen. Geplant ist zum Beispiel ein Sorgentelefon, bei dem sich AusländerInnen — und Deutsche — Rat in Fragen des Zusamenlebens in Bremen und Bremerhaven holen sowie ihren Ärger loswerden können.

Trüpel will vor allem Normalität im Verhältnis zwischen ausländischer und deutscher Bevölkerung schaffen. Normal wäre zum Beispiel, auch in Bremen einen islamischen Friedhof zu haben. Bislang nämlich fliegen die türkischen Familien ihre Toten in die Türkei zurück und beerdigen sie dort.

Gewisse Zugeständnisse erwartet die Senatorin jedoch auch von der ausländischen Bevölkerung: Über Frauengleichstellung und die Trennung von Staat und Kirche läßt sie nicht mit sich streiten. Kein Geld also für Koranschulen.

Dem türkischen Jugendclub der Fatih-Moschee in Gröpelingen dagegen soll bei der Suche nach einer Räumlichkeit geholfen werden, da er zur Zusammenarbeit mit dem benachbarten Jugendfreizeitheim bereit sei.

Unkonventionelle Wege will die Senatorin auch zur „Integration“ von Flüchtlingen gehen, die nur kurze Zeit in Bremen bleiben. Sie sind bislang völlig ausgeschlossen von Ausbildungsmöglichkeiten in deutschen Insitutionen.

Doch nicht nur Deutsche verfügen über Fähigkeiten, die sie AusländerInnen vermitteln können, sagt Trüpel. Viele Flüchtlinge und EinwandererInnen bringen Fähigkeiten mit, zum Beispiel Sprachkenntnisse oder traditionelle Handwerke, die sie anderen Flüchtlingen oder Deutschen beibringen könnten. Der Senatorin schwebt eine Art Ausbildungsbörse vor. Flüchtlinge könnten auch Informationen über ihre Heimatländer anbieten, wie sie zum Beispiel von Schulen, Reisebüros und Betrieben benötigt werden.

Umsetzen will Helga Trüpel das natürlich nicht alleine — sie versteht ihre Aufgabe vielmehr als Ideenlieferant für Initiativen und Institutionen. Zumal die Mittel begrenzt sind: Dem gesamten Ressort steht pro Jahr eine Million Mark zur Verfügung. Davon sind drei Viertel fest gebunden, etwa für die gesetzlich vorgeschriebene Ausländerberatung. cis