: Kresnik nur als "Gast"
■ Diepgen und Roloff-Momin wollen Kresnik nun Gastspiel anbieten / So soll das Abgeordnetenhaus umgangen werden
Im Streit um den Choreographen Johann Kresnik soll das Abgeordnetenhaus umgangen werden. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Kultursenator Ulrich Roloff- Momin haben sich nach Informationen der taz darauf „verständigt“, Kresnik an der Volksbühne ein Gastspiel anzubieten. Bislang sollte Kresnik für sein Tanztheater ein reguläres Engagement bekommen, doch wäre dafür die Zustimmung des Abgeordnetenhauses nötig gewesen, weil das Engagement aus dem Berliner Haushalt finanziert worden wäre. Wie die taz berichtete, hatten Innenverwaltung und auch die CDU-Fraktion sich aber gegen Kresnik ausgesprochen. Der Trabi-Fahrer hatte in einem Interview Verständnis für Skins geäußert und gesagt, er würde auch Häuser anzünden, wenn er ein Arbeitsloser wäre – später hatte er diese Äußerung aber korrigiert.
Die Kosten für Kresniks Tanztheater sollen sich auf bis zu fünf Millionen Mark belaufen. Bei einem Gastspiel würde die Kulturverwaltung das Geld aus ihrem Etat zahlen, so daß weder Abgeordnetenhaus noch Senat zustimmen müssen. Nach Spekulationen von politischen Insidern könne so der Konflikt vermieden werden, daß sich Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) vor seinen „rechten Wählern“ für die Bezahlung „so eines Kommunisten“ rechtfertigen müsse. Bei einer Ablehnung Kresniks drohe wiederum, daß der Kultursenator seinen Rücktritt anbiete. Der Senat hatte nach seinem Beschluß im Juli dieses Jahres, das Schiller Theater zu schließen, mehrere Millionen Mark zur Entwicklung der Berliner Kulturlandschaft – einen Teil explizit für Kresniks Engagement – genehmigt.
Nach Informationen der taz sollen Diepgen und Momin die Erhöhung des Etats der Kulturverwaltung aber „nicht anstreben“. Rainer Klemke, Sprecher der Kulturverwaltung, warnte dagegen, daß es nicht möglich sei, das Honorar für das Tanztheater aus „dem Leib des Kulturetats“ zu schneiden, weil bei freien Gruppen nicht noch mehr gespart werden könne. Sollte sich die politische Spitze auf ein Gastspiel einigen, müsse der Haushalt der Verwaltung entsprechend aufgestockt werden. Bei einer Aufstockung muß das Abgeordnetenhaus allerdings wieder zustimmen.
Johann Kresnik, der mit Schauspielern der Volksbühne für sein Stück „Rosa-Luxemburg“ derzeit in dem Theater am Rosa-Luxemburg-Platz probt (Premiere am 29. Oktober), wollte sich nicht dazu äußern, ob er das Angebot für ein Gastspiel überhaupt annehmen würde. Er warte auf eine offizielle Entscheidung des Senats.
Dieser muß sich spätestens in seiner Sitzung am kommenden Dienstag entscheiden, weil Kresnik sein Engagement in Bremen bis zum 31. Oktober kündigen müßte. Ob Innensenator Heckelmann dem Diepgen-Momin-Trick zustimmen würde, war gestern ebenfalls nicht zu erfahren. Dirk Wildt
Kommentar siehe Seite 33
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