Es lebe die Zitadelle

■ Wie sich die Vechtaer in ihr einziges unbezwingliches Jahrhundert zurückträumen

Mit Bomben und Granaten, Mörsern und Kanonen kennt sich Günter Quasigroch aus: Der künftige Leiter des Vechtaer Zeughaus-Museums sammelt seit geraumer Zeit das Teufelszeug aus der kriegerischen Vergangenheit der südoldenburgischen Kreisstadt. Es soll später — in entschärfter Form — die Kellergewölbe des alten Festungsbaus dekorieren.

Endlich sei die Baugenehmigung durch, noch im Oktober könne mit den Umbauarbeiten in den Gemäuern von 1698 begonnen werden, sagt Quasigroch. Hinterher soll es ein bißchen wieder so aussehen wie in Vechtas großer Zeit: Neben einer Rüstkammer, einer Waffen-und Grobschmiede sind die Werkstätten eines Harnisch- und Büchsenmachers vorgesehen.

Drei Jahre werde die Sortierung der Gerätschaften wohl dauern, schätzt der künftige Museumsleiter mit Blick auf das Durcheinander in den Kisten und Regalen. Das Sammelsurium kommt gerade von einer Ausstellungsreise zurück und muß erst einmal wieder verräumt werden.

Draußen sieht es ordentlicher aus. Das Zeughaus liegt am Rande der ehemaligen Vechtaer Zitadelle, die Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen von 1669 an in dreißigjähriger Bauzeit errichten ließ. Letzter Anlaß für den Kolossalbau könnten die schwedischen Besatzer gewesen sein, die, als sie am 13. Mai 1654 unter Mitnahme von 140.000 Talern endlich Vechta verließen, zum Dank noch eine Kanonensalve in die schon halb eingeäscherte Stadt feuerten.

In den kommenden Jahrzehnten schuf der dänische Festungsbaumeister Peter Pictorius mit der Zitadelle Vechta die seinerzeit größte und modernste Wehranlage Deutschlands. Fünf mächtige Bastionen, bis zu 45 Meter breite Wassergräben, riesige Wälle, bombensichere Festungsgewölbe sowie rund 100 Kanonen und Mörser sollten mögliche Angreifer einschüchtern.

Als dann aber 1758 tatsächlich hannoversche Truppen gegen Vechta vorrückten, mußte der Festungskommandant sofort kapitulieren. Aus gutem Grund: Die Zitadelle gehörte bereits kurz nach ihrer Fertigstellung militärtechnisch zum alten Eisen. Die Zeit der riesenhaften Bollwerke war im Grunde schon beim Bau der Anlage abgelaufen gewesen. Den neuesten Waffen konnten sie nicht mehr standhalten. Hundert Jahre nach ihrem Bau wurde die mächtige Festungsanlage abgetragen und eingeebnet. Aus all ihren Kanonen war nur immer zu Weihnachten und Ostern Salut geschossen worden.

Nun aber haben die Vechtaer die Außenanlagen ihrer Zitadelle wieder nachgebaut, um ihrer großen Zeit, die nur so kurz gedauert hat, nicht ganz verlustig zu gehen. Anstelle von martialischen Wehrgängen, kanonenbestückten Unterständen und Bunkern ist eine parkähnliche Anlage entstanden, die allerdings den historischen Umriß der Bastion mit ihren Rasenwällen und Wassergräben wieder ein bißchen erlebbar macht. Heinrich Heeren (dpa)